Kantonsrat LU Individualbesteuerung: Kantonsrat will beim Bund Druck machen

we, sda

23.5.2022 - 12:05

Für Ehefrauen lohnt es sich heute aus steuerlichen Gründen oft nicht, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. (Symbolbild)
Für Ehefrauen lohnt es sich heute aus steuerlichen Gründen oft nicht, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. (Symbolbild)
Keystone

Luzern soll sich mit einer Standesinitiative und mit entsprechenden Stellungnahmen beim Bund für die rasche Einführung der zivilstandsunabhängigen Individualbesteuerung einsetzen. Der Kantonsrat hat am Montag eine SP-Motion und ein GLP-Postulat erheblich erklärt – entgegen dem Willen von Mitte und SVP.

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Der Rat unterstützte die Motion von Simone Brunner (SP), welche sich in ihrer Motion für eine Standesinitiative in Sachen zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung stark macht, mit 54 zu 47 Stimmen. Das Postulat von Riccarda Schaller (GLP), welches den Regierungsrat beauftragt, sich beim Bund für das Anliegen einzusetzen, passierte mit 54 zu 46 Stimmen.

Zwar sei das Anliegen im Bundeshaus längst angekommen, schreibt die Regierung in den Antworten zu den Vorstössen. Dennoch unterstützte sie beide – um den bereits aufgebauten politischen Druck zu verstärken

Der Bundesrat hatte im Herbst 2019 eine Auslegeordnung zur Abschaffung der «Heiratsstrafe» vorgenommen. Es zeigte sich, dass die Crux in der konkreten Ausgestaltung der Individualbesteuerung liegt. Zudem wurde eine Volksinitiative für die Schaffung der Individualbesteuerung lanciert, auch hatten Kantone bereits Standesinitiativen beschlossen oder eingereicht.

Der Regierungsrat weist darauf hin, dass er sich in der Vergangenheit bereits für eine Individualbesteuerung ausgesprochen habe, ohne sich aber auf ein gewisses Modell festzulegen.

In der Schweiz werden verheiratete Paare und gleichgeschlechtliche Paare, welche in einer eingetragenen Partnerschaft leben, gemeinsam besteuert. Gehen beide Personen einer Erwerbstätigkeit nach, werden sie wegen der Progression stärker besteuert als Konkubinatspaare mit zwei getrennten Steuerveranlagungen.

Dies führt dazu, dass viele Ehefrauen aus steuerlichen Gründen ihre Erwerbsarbeit reduzieren oder auf sie verzichten. Damit einher gingen Karrierestopp, finanzielle Abhängigkeit und Altersarmut, ist die Motionärin überzeugt. Für beide Vorstösserinnen bringt die Individualbesteuerung Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Steuerrecht und das Aufbrechen traditioneller Rollenbilder.

Systemwechsel erwünscht

Ylfete Fanaj sagte, für die SP sei es sehr wichtig, dass Frauen im Erwerbsleben bleiben könnten. Es brauche «endlich «einen Systemwechsel. Und dafür brauche es Bestrebungen auf allen Ebenen.

Dass alle aufgefordert seien, den nötigen Druck zu erhöhen, betonte auch Heidi Scherer (FDP). Die Individualbesteuerung sei ein wichtiges Anliegen, das «endlich» Realität werde müsse.

Andreas Bärtschi (FDP) sagte, bei der Individualbesteuerung handle es sich um ein langjähriges Anliegen. Auch er vertrat die Meinung, dass mit der Standesinitiative der Druck in Bern erhöht, mehr Steuergerechtigkeit geschaffen und die Gleichstellung vorangetrieben werden können.

Der Gleichstellung der Schweiz einen «Push» geben wollte Judith Schmutz (Grüne) mit der Unterstützung der Vorstösse. Fabrizio Misticoni (Grüne) lobte die «fortschrittliche Haltung» der Regierung.

Je einen Ablehnungsantrag stellten Mitte- und SVP-Fraktion. Armin Hartmann (SVP) sagte, die Heiratsstrafe könne einfacher abgeschafft werden, die Individualbesteuerung sei der falsche Weg. Für Bernadette Rüttimann (Mitte) liegt das Problem bei der Heiratsstrafe auf Bundesebene. Die Mitte-Fraktion kritisierte auch den «erheblichen Mehraufwand» bei der Einführung der Individualbesteuerung.

Ja, der Umstellungsprozess dürfte erheblich sein, sagte dazu Heidi Scherer (FDP). Aber das sei doch kein Grund, das Problem nicht anzugehen.