Verwaltungsgericht Aargauer Besteuerung des Eigenmietwerts widerspricht Bundesvorgaben

SDA

24.9.2020 - 11:17

Die Besteuerung der Eigenmietwerte im Kanton Aargau ist nicht verfassungskonform geregelt. Zu diesem Urteil kommt das Aargauer Verwaltungsgericht. (Symbolbild)
Die Besteuerung der Eigenmietwerte im Kanton Aargau ist nicht verfassungskonform geregelt. Zu diesem Urteil kommt das Aargauer Verwaltungsgericht. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Die Besteuerung des Eigenmietwerts von selbst genutztem Wohnraum widerspricht im Kanton Aargau den Vorgaben der Bundesverfassung. Das hat das kantonale Verwaltungsgericht festgestellt. Es hat die Regelung des Kantons aufgehoben. Der Kanton muss nun nachbessern.

Das Verwaltungsgericht hiess ein Normenkontrollbegehren des Mieterinnen- und Mieterverbands Aargau gut, wie die Medienstelle der Gerichte Kanton Aargau am Donnerstag mitteilte. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts ist endgültig und kann daher nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden.

Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts müssen Eigenmietwerte auf kantonaler Ebene mindestens 60 Prozent des Marktmietwerts betragen. Hält eine kantonale Steuerordnung diese Vorgabe nicht ein, verstösst sie gegen die Bundesverfassung.

Das Verwaltungsgericht stellte in seinem Urteil fest, dass die Regelung im kantonalen Steuergesetz und im entsprechenden Dekret diesen verfassungsmässigen Anforderungen nicht entspricht. Obwohl die Eigenmietwerte per 1. Januar 2016 angehoben wurden, liegt ein erheblicher Teil der Eigenmietwerte im Kanton unterhalb von 60 Prozent der Marktmietwerte.

Übergangsregelung

Die Regelung im Steuergesetz und das vom Grossen Rat gutgeheissene Dekret sind vom Verwaltungsgericht aufgehoben worden. Das Dekret über die Anpassung der Eigenmitwerte gilt gemäss Gericht im Sinne einer Übergangsregelung aber solange weiter, bis rechtliche Grundlagen geschaffen worden sind, die der Bundesverfassung genügen.

Ansonsten würden die Eigenmietwerte auf noch tiefere Werte fallen. Der Gesetzgeber, also der Grosse Rat und letztlich das Volk, sei in der Pflicht, für eine verfassungskonforme Eigenmietwertbesteuerung zu sorgen, hält das Verwaltungsgericht fest.

Kanton macht sich an die Arbeit

Das kantonale Steueramt werde das Urteil eingehend analysieren und dessen Umsetzung in die Wege leiten, teilte das Departement Finanzen und Ressourcen (DFR) in einer Stellungnahme mit. Dabei werde zu berücksichtigen sein, dass auf Bundesebene nach wie vor ein Gesetzgebungsverfahren zur Abschaffung der Eigenmietwerte im Gange sei.

Berücksichtigt werde auch, dass im Aargau derzeit eine Strategie des Schätzungswesens zur Vereinfachung der Wohneigentumsbesteuerung erarbeitet werde.

SVP und FDP waren gegen Anpassung

Der Grosse Rat hatte das Dekret Ende 2015 mit 68 zu 64 Stimmen gutgeheissen. SP, CVP, Grüne, BDP, GLP und EVP stimmten für die Anpassung. SVP und FDP lehnten die Vorlage ab.

Der Regierungsrat hatte dem Parlament die Anpassung beantragt. Eine im Juli 2014 durchgeführte Markterhebung im Kanton ergab, dass der Wert von 60 Prozent um durchschnittlich mehr als 5 Prozent unterschritten wurde.

In 130 Gemeinden lag der Wert unter 55 Prozent. Bei weiteren 83 Gemeinden lagen die Eigenmietwerte innerhalb der Toleranzgrenze von plus/minus 5 Prozent.

Im Dekret war ein individueller Faktor pro Gemeinde festgelegt worden. Sowohl auf eine fixe, einheitliche Anpassung für den gesamten Kanton als auch auf eine neue amtliche Schätzung wurde damals verzichtet.

Im kantonalen Durchschnitt lagen die angepassten Eigenmietwerte 2016 nach dieser Anpassung wieder bei 60 Prozent, wie das Finanzdepartement festhält. Aufgrund der Entwicklung der Marktmieten dürften sie mittlerweile um 3 bis 4 Prozentpunkte höher liegen.

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