Verwaltungsgericht Aargauer kann alte Verfahrenskosten von 359 Franken nicht bezahlen

ga, sda

14.11.2022 - 11:07

Ein Rentner kann vor zehn Jahren aufgeschobene Verfahrenskosten von 359 Franken Franken nicht bezahlen, weil er zu wenig Geld hat. Das entschied das Aargauer Verwaltungsgericht. (Symbolbild)
Ein Rentner kann vor zehn Jahren aufgeschobene Verfahrenskosten von 359 Franken Franken nicht bezahlen, weil er zu wenig Geld hat. Das entschied das Aargauer Verwaltungsgericht. (Symbolbild)
Keystone

Die zentrale Inkassostelle des Generalsekretariats der Gerichte Kanton Aargau hat nach zehn Jahren von einem Rentner die gewährte unentgeltliche Rechtspflege von 359 Franken zurückgefordert. Das Verwaltungsgericht lehnte die Forderung ab. Der Mann verfügt gemäss Gericht über zu wenig Geld.

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Insgesamt liessen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mannes die Nachzahlung für die unentgeltliche Rechtspflege «momentan nicht zu», geht aus dem am Montag publizierten Entscheid des Verwaltungsgerichts zum Gesuch der Inkassostelle hervor.

In einem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren waren dem Mann 2012 Verfahrenskosten von 359 Franken auferlegt worden. Diese Kosten wurden aufgeschoben. Die Zivilprozessordnung legt jedoch fest, dass eine Partei, der die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, zur Nachzahlung verpflichtet ist, sobald sie dazu in der Lage ist.

Der mittlerweile pensionierte Mann bezog 2012 Sozialhilfe. Er lebt nun von Altersrenten und Ergänzungsleistungen in der Höhe von insgesamt 2389,50 Franken pro Monat, wie aus den Erläuterungen des Verwaltungsgerichts hervorgeht. Das Gericht beriet den Fall in Dreierbesetzung, mit dabei war ein Gerichtsschreiber und eine Rechtspraktikantin.

In der Steuererklärung 2021 führte er Wertschriften von 15'353 Franken auf. Das Gericht geht davon aus, dass die unmittelbar realisierbaren Aktiven des Mannes derzeit weniger als 10'000 Franken betragen.

Freibetrag von bis zu 15'000 Franken

Diese Summe liegt unter dem vom Generalsekretariat der Gerichte Kanton Aargau in der Praxis anerkannten Freibetrag von 10'000 bis 15'000 Franken. Die Zentrale Inkassostelle der Gerichte hatte auch gefordert, der Mann könne die Nachzahlung von 359 Franken mit dem ausbezahlten Freizügigkeitsguthaben (Pensionskassengeld) von 76'258 Franken bezahlen.

Laut Verwaltungsgericht ist unbekannt, wie der Mann dieses Guthaben verwendete. Nach der Darstellung des Mannes sei das Kapital infolge von Ausgaben für Anschaffungen, Reparaturen, Renovationen, Ferien, Zuwendungen an Tochter und Sohn, für ausstehende Zahlungen und Lebensunterhalt mittlerweile nahezu aufgebraucht.

Selbst wenn noch Mittel aus dem ausbezahlten Freizügigkeitsguthaben vorhanden wären und der Freibetrag überschritten würde, erschiene es fraglich, inwieweit diese für Nachzahlungen für die unentgeltliche Rechtspflege herangezogen werden könnten, schreibt das Verwaltungsgericht.

Nach einem Urteil des Bundesgerichts ist nämlich nur jener Teil der Kapitalleistung pfändbar, der während eines Jahres der hypothetischen Rente abzüglich des durch das übrige Einkommen nicht gedeckten betreibungsrechtlichen Existenzminimums entspricht.

Hinzu komme, dass dem Mann bei der jährlichen Ergänzungsleistung aufgrund des ausbezahlten Freizügigkeitsguthabens sowie des unbedeutenden Sparguthabens bereits ein Vermögensverzehr von 3980 Franken angerechnet werde, hält das Verwaltungsgericht fest: «Eine Durchsetzung der Nachzahlung im Vollstreckungsverfahren erscheint unter diesen Vorgaben äussert fraglich.» (Urteil WBE.2022.163 vom 26.10.2022)