Nordschweiz Aargauer Regierung ist gegen Bezahlkarte für Asylsuchende

ga, sda

7.6.2024 - 08:54

Karte statt Bargeld: Der Aargauer Regierungsrat hält das für keine praktische Idee. Er befürchtet viel Aufwand und rechtliche Hürden. (Symbolbild)
Karte statt Bargeld: Der Aargauer Regierungsrat hält das für keine praktische Idee. Er befürchtet viel Aufwand und rechtliche Hürden. (Symbolbild)
Keystone

Der Aargauer Regierungsrat lehnt die SVP-Forderung nach einer Bezahlkarte statt Bargeld für Asylsuchende ab. Er sieht viele praktische und rechtliche Hürden. Auch gibt es in der Schweiz nach Angaben des Regierungsrats keinen Anbieter einer solchen breit akzeptierten Karte.

Keystone-SDA, ga, sda

Die Höhe der Asylsozialhilfe sei im Aargau im Vergleich zu anderen Kantonen tief angesetzt, schrieb der Regierungsrat in der am Freitag publizierten Stellungnahme zu einer Motion der SVP-Fraktion.

Die meisten Personen aus dem Asylbereich müssten die Bargeldbeiträge für den Alltag verwenden. Sie könnten daher keine grossen Beiträge in ihr Herkunftsland senden. Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene erhalten im Aargau 9.50 Franken pro Tag und Ausreisepflichtige bekommen 7.50 Franken Nothilfe.

In der Regel sei nicht die Höhe der Asylsozialhilfe der Grund für eine Flucht in die Schweiz. Es seien vielmehr Faktoren wie Krieg und Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen ausschlaggebend für die Migration. Eine Karte könne die Anzahl unbegründeter Asylgesuche nicht massgeblich verringern.

Die SVP-Fraktion forderte in einer Motion eine Bezahlkarte statt Bargeld. Auf diese Weise solle verhindert werden, dass Geldleistungen an Schlepperbanden weitergeleitet würden oder Dritte in den Ursprungsländern mit staatlicher Schweizer Unterstützung mitfinanziert würden.

Regierungsrat will keinen Alleingang

Die Einführung eines Kartensystems lediglich im Aargau sei weder praktikabel noch sinnvoll. Ein solcher Alleingang wäre insbesondere für die an die Nachbarkantone angrenzenden Gemeinden beziehungsweise Personen in deren Zuständigkeit nicht zielführend, wie der Regierungsrat festhielt.

Demnach würden die Personen gezwungen, ihre Einkäufe lediglich auf Kantonsgebiet zu tätigen. «Neben der fraglichen Sinnhaftigkeit ist zudem davon auszugehen, dass eine diesbezügliche Einschränkung auch rechtliche Fragen aufwerfen würde», schrieb der Regierungsrat. Es geht um die Frage der Beschränkung der Bewegungsfreiheit.

Gemeinden müssten mitmachen

Eine Bezahlkarte müsste laut Regierungsrat sowohl für den Kanton als auch für alle Gemeinden eingeführt werden. Dies würde dazu führen, dass der Kanton den Gemeinden Vorgaben machen und deren Autonomie einschränken würde.

Die Bezahlkarte müsste guthabenbasiert und ohne Kontobindung funktionieren sowie von einer grossen Anzahl Läden akzeptiert werden, wie der Regierungsrat schrieb. Der Staat solle keine einzelnen Detailisten bevorzugen.

Nicht alle Produkte seien bei allen Läden verfügbar und könnten mit Karte bezahlt werden. Dies würde die Autonomie der Betroffenen einschränken sowie deren Lebensführung erheblich erschweren. Zudem gebe es in der Schweiz kein entsprechendes Bezahlkartensystem.

Weiterverkauf der Karten

Beim Einsatz von Karten bestünde das Risiko eines Weiterverkaufs der Karten. Der Regierungsrat weist auf die Erfahrungen aus dem Kanton Zürich mit der Abgabe von Gutscheinen anstelle von Bargeld an Nothilfebeziehende. Das System sei unterlaufen worden. Der Kanton Zürich habe das System deshalb Ende 2011 aufgegeben.

Auch der Bundesrat sprach sich gegen eine Bezahlkarte aus. Es sei «fraglich, ob mit der Einführung von Bezahlkarten anstelle von Bargeld tatsächlich Missbrauch bekämpft oder sogar vermieden werden könnte», hielt der Bundesrat im Mai in einer Stellungnahme fest. Deutschland hatte beschlossen, eine solche Karte einzuführen.