Justiz Aargauer Regierung will keine 75-jährigen nebenamtlichen Richter

ga, sda

16.6.2023 - 09:09

Am Aargauer Obergericht sollen keine nebenamtlichen Fachrichterinnen und Fachrichter arbeiten, die älter als 70 Jahre sind. Der Regierungsrat lehnt eine Erhöhung der Altersgrenze auf 75 Jahre ab. (Archivbild)
Am Aargauer Obergericht sollen keine nebenamtlichen Fachrichterinnen und Fachrichter arbeiten, die älter als 70 Jahre sind. Der Regierungsrat lehnt eine Erhöhung der Altersgrenze auf 75 Jahre ab. (Archivbild)
Keystone

Im Kanton Aargau soll die Altersgrenze für nebenamtliche Richterinnen und Richter bei 70 Jahren bleiben. Der Regierungsrat hat eine Motion aus den Reihen von FDP, SP, SVP und Mitte abgelehnt, die Altersgrenze auf 75 Jahren zu erhöhen. Die Richterstellen können laut Regierungsrat problemlos besetzt werden.

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Es bestehe kein betriebliches Bedürfnis, die Altersgrenze im Aargau zu erhöhen, schrieb der Regierungsrat in der am Freitag publizierten Stellungnahme zur Motion. Nebenamtliche Richterstellen könnten in aller Regel nahtlos besetzt werden und sehr oft fänden dafür Kampfwahlen statt.

Die bestehende Altersgrenze gewährleistet laut Regierungsrat zudem, dass auch jüngere Personen Zugang zu einem nebenberuflichen Richteramt haben, was auch zu einem besseren Abbild der Bevölkerung in der Gerichtsbesetzung führt.

Die Altersgrenze 70 verfolge ein legitimes Ziel und sei den Betroffenen auch zumutbar, zumal sie im Aargau vergleichsweise hoch liege. Nebenamtliche Richter am Bundesgericht müssen im Alter von 68 Jahren aufhören. Der Kanton Zürich plant derzeit eine einheitliche Altersgrenze von 68 Jahren.

Der Regierungsrat räumt ein, dass für gewisse nebenamtliche Richterämter wie beispielsweise Fachrichterinnen und -richter am Verwaltungsgericht oder am Handelsgericht spezifisches Fachwissen und praktische Berufserfahrung notwendig und gefragt seien.

Praxis aus Hauptberuf

Besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen seien aber vor allem dann gesichert, wenn sich die nebenamtlichen Richter auch im Rahmen ihres Hauptberufs in einem Fachgebiet bewegten und damit über aktuelles Wissen verfügten. Dieses aktuelle Wissen nehme naturgemäss ab, je weiter in der Vergangenheit die praktische Berufstätigkeit liege.

Die Justizleitung der Gerichte Kanton Aargau weist laut Regierungsrat darauf hin, dass kognitive Fähigkeiten im Alter nachlassen würden. Dies gelte insbesondere für die Erinnerungsleistung, die Verarbeitungsgeschwindigkeit und die Arbeitskapazität.

Neben den geistigen Fähigkeiten nehme auch die körperliche Leistungsfähigkeit, etwa das Gehör- und Sehvermögen ab, und das Risiko für krankheitsbedingte Ausfälle steige. Dies wirke sich etwa auf die Planbarkeit von Verhandlungen aus und führe zu administrativem Mehraufwand.

Mehrwert für Milizsystem

Grossrätinnen und Grossräte aus den Reihen von FDP, SP SVP und Mitte begründeten die Forderung nach einer höheren Altersgrenze damit, es gehe um einen Mehrwert für das Milizsystem. Die Generation von Personen über 60 Jahren und über 70 Jahren sei immer aktiver.

Nicht selten kandidierten Personen mit einer gewissen Lebenserfahrung als nebenamtliche Richterin oder nebenamtlicher Richter. Zusätzliche Zeit im neuen Lebensabschnitt nach der Pensionierung sei zudem ein Beweggrund, sich für ein solches Nebenamt zu bewerben.