Abstimmungen Abstimmungsanalyse ergibt klares Votum für Wohnschutz in Basel

dosp, sda

9.4.2021 - 14:17

Auch wenn die Revision des Basler Wohnraumfördergesetzes äusserst knapp angenommen wurde, befürwortete eine deutliche Mehrheit der Abstimmenden einen besseren Wohnschutz.
Auch wenn die Revision des Basler Wohnraumfördergesetzes äusserst knapp angenommen wurde, befürwortete eine deutliche Mehrheit der Abstimmenden einen besseren Wohnschutz.
Keystone

Eine Nachanalyse der Abstimmung zur Revision des Wohnraumfördergesetzes in Basel-Stadt hat trotz der äusserst knappen Annahme ein klares Votum für mehr Wohn- sowie Mieterinnen- und Mieterschutz aufgezeigt. Auch viele Nein-Stimmende befürworteten stärkere Schutzbestimmungen.

Keystone-SDA, dosp, sda

Die Nachanalyse war vom Präsidialdepartement aufgrund des äusserst knappen Abstimmungsresultats im November 2020 dem gfs-Forschungsinstitut Bern in Auftrag gegeben worden, wie am Freitag an einer Medienkonferenz der Basler Kantons- und Stadtentwicklung mitgeteilt wurde. Die im Nachgang der 2018 deutlich angenommenen Wohnschutzinitiative erarbeitete Gesetzesrevision erreichte eine Mehrheit von nur gerade 50,05 Prozent oder 56 Stimmen.

Die Nachanalyse von gfs ergab nun, dass auch ein grosser Teil der Nein-Stimmenden einen besseren Schutz von Mieterinnen und Mietern vor Immobilienspekulation und einem übermässigen Mietpreiswachstum befürworteten. Rund 30 Prozent der Nein-Stimmenden gaben in der Befragung an, dass sie die Gesetzesrevision deshalb abgelehnt hätten, weil sie eine zu lasche Umsetzung der ursprünglichen Initiative darstelle oder nur eine Minderheit der Mieterinnen und Mieter schütze.

Auch auf der Pro-Seite ist gemäss der Nachanalyse der Anteil der Abstimmenden, die schärfere Massnahmen zum Wohnschutz befürwortet hätten, relativ gross. So war eines der wichtigsten Argumente der Befürworterinnen und Befürworter, dass ein Nein zu der als Kompromiss empfundenen Gesetzesrevision den verbesserten Wohnschutz zeitlich verzögert hätte.

Für Lukas Ott, Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung, zeigte die Analyse, dass die Wohnpolitik nach wie vor weit oben im Sorgenbarometer der Bevölkerung liege. Der Wohnungsmarkt im Stadtkanton sei einer vielfältigen Drucksituation ausgesetzt, sagte er. Als Beispiele nannte er steigende Mietpreise, das Bevölkerungswachstum und in dessen Folge den Verdrängungsdruck.

Mit der eigenen Wohnsituation zufrieden

Dabei habe sich auch ein Widerspruch zwischen der persönlichen Situation und der politischen Einschätzung herauskristallisiert. So gab eine klare Mehrheit der Befragten an, mit der eigenen Wohnsituation eher oder sehr zufrieden zu sein, während die Wohnungssuche auf der anderen Seite grossmehrheitlich als eher oder sehr schwer beurteilt wurde.

Auffallend an der Befragung war, dass Menschen, die mit ihrer eigenen Wohnsituation nicht zufrieden sind, mit einer deutlichen Mehrheit gegen die Gesetzesvorlage stimmten. Auf der anderen Seite befanden sich die Zufriedenen mehrheitlich im Ja-Lager.

Die gfs-Analyse ergab weiter, dass rund 20 Prozent der Urnengängerinnen und -gänger dem Irrtum unterlegen waren, dass sie für die Ablehnung des Gesetzes ein Ja zum Referendum einlegen mussten oder umgekehrt.

Aufgrund der für den Stimmentscheid ausschlaggebenden Argumente könne sich ein hypothetisches Abstimmungsergebnis mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 52 Prozent ableiten lassen, so das Forschungsinstitut. Allerdings liege diese Annahme wegen des statistischen Stichprobenfehlers von plus/minus 3,2 Prozent im Unschärfebereich, sagte Urs Bieri, Co-Leiter von gfs.

Weiteres Kapitel zum Wohnschutz folgt

Die Regierung werde nun unter anderem mit der Nachanalyse in der Hinterhand eine Verordnung zum revidierten Wohnraumfördergesetz verfassen, sagte Ott.

Allerdings könnten ihr die Basler Stimmbürgerinnen bald schon einen Strich durch die Rechnung machen. Unzufrieden mit der angenommenen Gesetzesrevision hat der Mieterinnen- und Mieterverband bereits eine neue, nun ausformulierte Wohnschutzinitiative eingereicht. Diese liegt gegenwärtig beim Regierungsrat zur Berichterstattung, bevor sie in absehbarer Zeit zur Volksabstimmung kommen wird.