Die bürgerlichen Fraktionen im Basler Grossen Rat sind siegreich aus der Debatte um die Umsetzung der Wohnschutzinitiative aus dem Jahr 2018 hervorgegangen. Die Ratslinke kam mit ihren Vorschlägen nicht durch und stellte ein Referendum oder eine neue Initiative in Aussicht.
Die zweitägige Debatte vom Mittwoch und Donnerstag über die Umsetzung der Wohnschutzinitiative war von einem tiefen Links-Rechts-Graben geprägt. Mit den Grünliberalen an ihrer Seite gingen die bürgerlichen und rechten Fraktionen als Siegerinnen hervor. In gewissen Punkten schwenkte die bürgerliche Mehrheit auf die Vorschläge des Regierungsrats ein, die von der Ratslinken aber als ungenügend bezeichnet wurden.
Die Sprecher der unterschiedlichen Fronten sparten denn auch nicht mit gegenseitigen Vorwürfen. Die Ratsrechte warf der Gegenseite «sozialistische Extrempositionen» vor, die Ratslinke konterte mit dem Vorwurf, dass die bürgerliche Mehrheit als Verliererin der damaligen Abstimmung bei der Umsetzung nun den Volkswillen klar missachte und einen grossen Teil der Mieterschaft im Regen stehen lasse.
Die im Juni 2018 mit einer Stimmenmehrheit von 61 Prozent angenommene Initiative fordert grundsätzlich den Erhalt des bestehenden «bezahlbaren» Wohnraums. Bei einem als «Wohnungsnot» deklarierten Leerwohnungsstand von unter 1,5 Prozent habe der Staat mit einer Bewilligungspflicht dafür zu sorgen, dass insbesondere langjährige und ältere Mieter vor Kündigungen und massiven Mietzinserhöhungen in Folge von Sanierungen, Umbauten und Abbrüchen geschützt würden.
Was ist «bezahlbarer Wohnraum»?
Für längere Diskussionen sorgte in der Detailberatung vor allem zwei als «wesentlich» bezeichneten Punkte:
Zum Ersten ging es um die Definition, was als «bezahlbarer Wohnraum» zu verstehen ist. Die Regierung hatte diesen auf die 50 Prozent der bestehenden «günstigeren Wohnungen» im Kanton eingeschränkt – das entspräche 34 Prozent des gesamten Wohnungsbestands (ohne Genossenschaftswohnungen). Die Ratslinke wollte diese Spanne auf den gesamten Wohnraum mit Ausnahme von Luxus- und Kurzzeitwohnungen ausgedehnt wissen.
Der Grosse Rat lehnte den von der links-grünen Mehrheit in der vorberatenden Bau- und Raumplanungskommission (BRK) eingebrachten Vorschlag aber mit 48 gegen 44 Stimmen bei einer Enthaltung ab – ein Stimmenverhältnis, das sich mehr oder weniger durch die gesamte Detailberatung hindurchzog.
Mit einem ähnlichen Stimmenverhältnis scheiterte auch der Vorschlag der BRK-Mehrheit, Umwandlungen von Mietwohnungen in Stockwerkeigentum als Zweckentfremdung zu bezeichnen und damit einer besonderen Bewilligungspflicht zu unterstellen. Die bürgerliche Mehrheit pochte hier auf die verfassungsmässig verbriefte Eigentumsgarantie.
Für längere Diskussionen sorgten des Weiteren die Gesetzesabschnitte über diverse Ausnahmen von der Bewilligungspflicht für Bauvorhaben und der Mietzinskontrolle. Genannt wurden unter anderem Mehrfamilienhäuser, die mehrheitlich von den Eigentümern und deren Nachkommen bewohnt werden sowie Sanierungen und Umbauten im bewohnten Zustand.
In diesem Punkt konnte die Ratslinke für einmal einen Punkt für sich verbuchen. Diese beiden Ausnahmen wurden nichts ins Gesetz aufgenommen, allerdings nur dank zwei Stichentscheiden der Ratspräsidentin Salome Hofer von der SP.
Stark divergierende Varianten
Insgesamt wurde in der Detailberatung über gut zwei Dutzend, zum Teil sehr stark divergierende Vorschlagsvarianten für neue Paragraphen im Wohnraumfördergesetz zum Teil energisch debattiert und abgestimmt. Dabei geriet der Rat mit zunehmenden Dauer der Debatte zuweilen in Gefahr, die Übersicht zu verlieren.
Mit wenigen Ausnahmen obsiegten jeweils die von der bürgerlichen Minderheit der BRK und zum Teil auch ursprünglich von der Regierung eingebrachten Vorschläge. In der Schlussabstimmung sprachen sich 49 Ratsmitglieder für und 44 gegen die Gesetzesrevision aus.
Die SP und das Grüne Bündnis machten bereits während des Verlaufs der Debatte klar, dass sie sich mit der vom Grossen Rat beschlossenen Gesetzesrevision nicht abfinden werden. Das Stimmvolk müsse noch einmal die Gelegenheit erhalten, sich zur Sache äussern zu können, sagte SP-Kantonalpräsident Pascal Pfister. Ob dies mit einem Referendum oder einer neuen Initiative geschehen soll, liess er noch offen.
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