Basel
Differenzen zur Ausrichtung der Industriellen Werke Basel (IWB) führen zu neuen Köpfen an der Spitze: Das verwaiste Verwaltungsratspräsidium übernimmt Ex-SBB-Chef Benedikt Weibel ad interim. Für den Mitte November abtretenden CEO David Thiel wird ein Nachfolger gesucht.
Die Energiebranche sei im Umbruch; die IWB sehe sich Disruptionen und neuer Konkurrenz gegenüber, sagte Mirjana Blume, Vizepräsidentin des IWB-Verwaltungsrats (VR), am Mittwoch vor den Medien. Mit der 2016 lancierten neuen Unternehmensstrategie "smart IWB 2020" seien Dezentralisierung, Dekarbonisierung und Digitalisierung zentral. Um die Umsetzung rang der siebenköpfige VR hart.
Die Heftigkeit dieser Auseinandersetzung wurde dem Präsidenten Michael Shipton zu viel: Er warf am 26. September per 1. Oktober brieflich den Bettel hin, wie Christoph Brutschin, Vorsteher des baselstädtischen Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU), erklärte - dieser Abgang blieb also fast einen Monat unter dem Deckel. Der Telecom- und IT-Kadermann Shipton hatte erst per Mai 2015 Jens Alder als IWB-VR-Präsident abgelöst.
14 Monate unter Weibel
Spannungen gab es seit Monaten auch zwischen VR und IWB-Geschäftsleitung. Thiel war 2008 als Chef angetreten, als das Unternehmen noch Abteilung der Kantonsverwaltung war. 2010 wurde die IWB ausgegliedert. Mit Erfolg, erzielte die IWB doch von 2012 bis 2016 insgesamt 350 Millionen Franken Gewinne, wie Brutschin mit Dank festhielt.
Als Konfliktthemen nannte VR-Vize Blume das Wärmegeschäft oder Führungsfragen. Im Sommer sei klar geworden, dass eine Zäsur nötig sei. So hätten sich VR und Thiel im Interesse der IWB auf eine Trennung geeinigt, dies im gegenseitigen Einvernehmen, wie sie betonte. Interimistisch leitet ab 15. November Thiels Stellvertreter Claus Schmidt die IWB.
Ein Führungsvakuum wegen des Doppel-Abgangs habe er unbedingt vermeiden wollen, sagte Brutschin weiter. Doch erfahrene, kompetente und verfügbare Persönlichkeiten "gibt es nicht wie Sand am Meer". Den früheren SBB-Chef Weibel habe er vom Reiz der Aufgabe IWB-Präsidium überzeugen können. Der Interimsjob beginnt am 1. November und dauert maximal bis Ende 2018. Eine Hauptaufgabe bis dann ist die Suche nach einer oder einem neuen CEO.
Sesselrücken im VR
Abgesehen von Weibels Managementerfahrung bei verschiedenen Schienenverkehrsunternehmen hat er laut Brutschin auch eine gewisse Affinität zu Basel - er ist derzeit VR-Präsident der Schweizerischen Rheinhäfen (SRH). Weil diese nicht Basel-Stadt allein gehören, sei das Doppelmandat bei SRH und IWB "rechtlich in Ordnung".
Für die neue Amtsperiode 2018 bis 2021 hat die Basler Regierung zudem die Feldschlösschen-Managerin Regula Dietrich und den Maschineningenieur Stephan Renz in den IWB-VR gewählt. Platz machen müssen zwei Bisherige: Umweltnaturwissenschafter und glp-Grossrat Aeneas Wanner sowie Treuhänder und alt SVP-Grossrat Bernhard Madörin.
Brutschin erklärte die Rochaden mit neuen Kompetenzen, welche die Regierung namens des Kantons als Eigentümer in den IWB-VR bekommen wollte. Dietrich mit ihrem Hintergrund aus der Konsumgüterbranche solle die Kundensicht einbringen, und der als Berater tätige Renz sei Kenner des internationalen Energiemarktes.
Strommarkt-Zukunft unklar
Im IWB-VR verbleiben Blume, Monika Näf, SP-Nationalrat Beat Jans sowie SP-Grossrat und Energiespezialist Rudolf Rechsteiner. Letzterer wird indes auf Jahresbeginn 2018 das Parlament zugunsten des IWB-VR verlassen, wie er gegenüber dem Regionaljournal von Radio SRF sagte - eine Gesetzesrevision schliesst künftig solche Doppelmandate aus.
Vom Infrastrukturunternehmen zu einem Dienstleister sei für die IWB ein weiter Weg, sagte Blumer. Der VR wolle mit der IWB aktiver im Markt auftreten, auch ausserhalb der Kantonsgrenzen, und dabei diversifizieren. Private zu konkurrieren sei nicht beabsichtigt. Für Brutschin ist zudem die noch nicht abgeschlossene Strommarktliberalisierung in der Schweiz ein wichtiges Thema.
Die IWB hatte 2016 mit gut 800 Angestellten einen Umsatz von 727 Millionen Franken und einen Jahresgewinn von 23 Millionen verbucht. Sie hatte dabei 17 Prozent weniger Strom verkauft als im Vorjahr, namentlich auch weil Grosskunden absprangen. Fernwärme- und Erdgasabsatz legten wegen des kalten Winters zu.
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