In der Strafuntersuchung im Zusammenhang mit den falschen Buchungen eines früheren Chefarztes am Kantonsspitals Aarau (KSA) bleiben die Patientendaten anonymisiert. Das Bundesgericht wies die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft ab, die Zugriff auf alle Daten wollte.
Die kantonale Staatsanwaltschaft führt derzeit ein Strafverfahren gegen Unbekannt wegen Betrugs, betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung.
Es besteht der Verdacht, dass durch eine falsche Leistungserfassung in der Angiologie (Gefässerkrankungen) am KSA zu hohe Beträge in den Honorarpool geflossen sein sollen. Das KSA soll auf diese Weise einen finanziellen Schaden erlitten haben.
Es geht gemäss Angaben des Kantonsspitals um rund 13'000 Franken. Der Name des Chefarztes soll in 507 Fällen auf der Rechnung gestanden sein, obwohl dieser laut Dienstplan nicht anwesend war. Der Chefarzt verliess per Ende April das Kantonsspital. Zuvor beglich er den finanziellen Schaden.
Daten auf zwei USB-Sticks
Um die Honoraraffäre, die im Aargau zu politischen Diskussionen führte, auch juristisch aufzuarbeiten, musste das KSA im Februar der Staatsanwaltschaft zwei USB-Sticks mit Daten übergeben. Das KSA verlangte für einen der Sticks die Versiegelung.
Die Staatsanwaltschaft wollte, dass die Namen der Patientinnen und Patienten für den Zeitraum von Anfang 2014 bis Ende 2015 offen gelegt werden. Die Patienten sollten dann den Arzt vom Berufsgeheimnis entbinden.
Das zuständige Zwangsmassnahmengericht erteilte einer externen Firma den Auftrag, das amtliche Siegel zu brechen und die Daten zu sichern. Die Daten, aufgeteilt in die drei Datenverzeichnisse «Daten H-Planer», «Fakturierung» und «Honorarabrechnung», waren gemäss der Firma einwandfrei lesbar. Die Daten zu anonymisieren führte zu einem Aufwand von 80 Arbeitsstunden zu 240 Franken, also zu Kosten von knapp 20'000 Franken.
Die Oberstaatsanwaltschaft wollte mit einer Beschwerde ans Bundesgericht erreichen, dass die USB-Sticks vollständig, nicht anonymisiert und bedingungslos entsiegelt werden müssen.
Es droht kein Beweisverlust
Das Bundesgericht in Lausanne stützt den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts, wie aus dem am Montag veröffentlichten Urteil hervorgeht. Bei der Strafuntersuchung gehe es im Wesentlichen darum, herauszufinden, ob Diskrepanzen zwischen den behandelnden Ärzten und denjenigen bestehe, auf deren Namen intern die Honorargutschrift erfolgt sei.
Die entsprechenden Daten seien offenbar in unterschiedlichen Informatiksystemen erfasst worden, hält das Bundesgericht in seinen Erwägungen weiter fest. Der erforderliche Vergleich sei voraussichtlich auch ohne Kenntnis von Namen und Adressen der Patienten möglich.
Sollte wider Erwarten für notwendige weitergehende Untersuchungen die Kenntnis der Identität der Patienten erforderlich sein, so kann die Staatsanwaltschaft ein Teil-Entsiegelungsgesuch stellen, wie es im Urteil heisst.
Angesichts des Umstands, dass das Zwangsmassnahmengericht verpflichtet sei, den Anonymisierungsschlüssel bis zum Abschluss des Strafverfahrens aufzubewahren, drohe jedenfalls kein Beweisverlust und damit auch kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. (Urteil 1B_350/2019 vom 26. September 2019)
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