Grosser Rat BS Kontroverse Demonstrationsdebatte im Basler Grossen Rat

dosp, sda

15.3.2023 - 17:46

Ein Stein des Anstosses: die Demonstration der "revolutionären" Klimabewegung am 11. Februar in Basel.
Ein Stein des Anstosses: die Demonstration der "revolutionären" Klimabewegung am 11. Februar in Basel.
Keystone

Der Basler Grosse Rat hat sich am Mittwoch in einer hitzigen Debatte mit den Polizeieinsätzen bei zwei unbewilligten Kundgebungen im Februar und März befasst. Justiz- und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (LDP) musste die Polizei gegen Vorwürfe von Rechts und Links verteidigen.

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Gleich zu drei Interpellationen musste Eymann Stellung nehmen. Sie stammten aus so unterschiedlichen Quellen wie der SVP und dem GAB. Entsprechend wurden die Polizeieinsätze aus diesen unterschiedlichen Richtungen als zu lasch respektive zu repressiv und brutal kritisiert.

Konkrete Anlässe waren mehrere Demonstrationen und die damit verbundenen Polizeieinsätze, die in den vergangenen Wochen aus dem Ruder gelaufen waren. Dazu gehörten die «revolutionäre Klimademo» vom 11. Februar und die Kundgebung zum internationalen Tag der Frau vom 8. März. Letztere hatte eine Rücktrittsforderung der linken Parteien an die Adresse des Polizeikommandanten Martin Roth zur Folge.

SVP-Grossrat Joël Thüring sprach beim 11. Februar von einem «Tag der Schande». Er lobte den «Mitteleinsatz» der Polizei, zeigte sich aber befremdet, dass gegen das Vermummungsverbot nicht eingeschritten worden sei und keine Festnahmen stattgefunden hätten.

Eymann sagte, dass die Polizeikräfte mit Steinen und Feuerwerkskörpern angegriffen worden seien. Die Polizei sei von der hohen Anzahl der gewaltbereiten Kundgebungsteilnehmenden aus der ganzen Schweiz überrascht worden. Insofern seien Festnahmen aufgrund Widerhandlungen gegen das Vermummungsverbot nicht möglich gewesen.

Die Staatsanwaltschaft habe aber ein Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet. Im Moment würden die von der Polizei erstellten Medien ausgewertet.

Die Demonstrationen spalteten den Grossen Rat. Die bürgerlichen Fraktionen brachten eine «parteiübergreifende Erklärung» ein, in der sie auch den Polizeieinsatz gegen die unterbundene Demonstration vom 8. März unterstützten. Das «konsequente Vorgehen bei der Verhinderung der unbewilligten Demo» werde begrüsst, heisst es in der Erklärung.

Ganz anderer Meinung war da Basta-Grossrätin Tonja Zürcher. Sie prangerte den heftigen Polizeieinsatz vom 8. März, namentlich als «massive Verletzung der Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit» an. Unter anderem stellte sie die Rechtsmässigkeit eines präventiven Gummischrot-Einsatzes infrage.

Eymann sagte zu dieser Demonstration, dass die Polizei davon ausgegangen sei, dass auch im Hinblick auf die Kundgebung vom Februar gewaltbereite Personen aus dem linksextremen Spektrum teilnehmen würden. Sie kritisierte, dass auch hier um keine Bewilligung der Kundgebung ersucht worden sei. Auch sei von Seiten der Demonstrationsteilnehmenden keine Dialogbereitschaft festzustellen gewesen.

Unversöhnliche Positionen

In der vom Grossen Rat eingeforderten offenen Diskussion kam es zu heftigen, aber nicht gehässigen gegenseitigen Vorwürfen von Sprecherinnen und Sprechern aus der linken und der bürgerlichen Ratsseite. Die Positionen blieben dabei zum grossen Teil unversöhnlich. Die linke Seite pochte auf das Grundrecht auf Versammlungen, während die bürgerliche Ratsseite das Prinzip von Ruhe und Ordnung hochhielt.

SVP-Sprecher Joël Thüring plädierte sogar dafür, den von der linken Seite immer wieder zitierten Basler Staatsrechtsprofessor Marcus Schefer aus dem Amt zu entfernen. Schefer hatte wiederholt zu Protokoll gegeben, dass auch unbewilligte Demonstrationen unter das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit fallen würden.

Es gab auch versöhnlicher auftretende Ausnahmen: GLP-Grossrat Johannes Sieber schlug die Gründung einer parteiübergreifenden parlamentarischen Demonstrations-Beobachtungsgruppe vor. Dieser Vorschlag wurde von verschiedenen Ratsmitgliedern mit wohlwollender Skepsis aufgenommen, ohne dass konkrete Schritte eingeleitet wurden.

Regierungsrätin Eymann zog schliesslich ein ernüchterndes Fazit aus der Diskussion. Man sei erneut keinen Schritt weitergekommen, sagte sie. Und es sei letztlich schwierig, einen Dialog einzufordern, wenn es kein Gegenüber gebe.

Im Namen des Gesamtregierungsrats wies Eymann schliesslich die Rücktrittsforderung an die Adresse des Polizeikommandanten «entschieden», wie sie sagte, zurück.