Regierungsratswahlen BS Rückblick auf Legislatur des Basler Regierungspräsidenten Cramer

yedu, sda

23.9.2024 - 09:31

Früher Basler Erziehungsdirektor, nun Regierungspräsident: Conradin Cramer.
Früher Basler Erziehungsdirektor, nun Regierungspräsident: Conradin Cramer.
Keystone

Am 20. Oktober finden im Kanton Basel-Stadt die Gesamterneuerungswahlen für die Regierung statt. Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA lässt in einer Serie die wichtigsten Dossiers der amtierenden Regierungsrätinnen und Regierungsräte Revue passieren. Teil 7: Conradin Cramer (LDP).

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Conradin Cramer (LDP)

Der ehemalige Advokat und Notar ist seit Anfang 2017 Mitglied der Basler Regierung und übernahm das Erziehungsdepartement seines Parteikollegen Christoph Eymann. Nach der Wahl von Beat Jans in den Bundesrat kandidierte der 45-Jährige für das Regierungspräsidium, seine Wahl im vergangenen April war nur noch Formsache. Diese Geschäfte – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – prägten Cramers Amtszeit.

Präsidialdepartement:

Eurovision Song Contest: Kurz nach dem Sieg von Nemo beim Eurovision Song Contest (ESC) im Mai betonte Cramer, dass sich Basel als Austragungsort des ESC «hervorragend» eignen würde. Knapp vier Monate nach seinem Amtsantritt konnte er einen Coup präsentieren: Basel setzte sich gegen Genf durch und wird im Mai 2025 tatsächlich Austragungsort des ESC). Cramer sagte vor den Medien, dass er «grenzenlos erfreut» sei und nicht mehr aufhören könne zu lächeln. Es werde ein Fest werden – nicht nur für die Menschen, die ein Ticket für die Hauptevents haben.

Das Parlament bewilligte am 11. September brutto 37,5 Millionen Franken für den ESC. Die Kleinpartei EDU will dagegen das Referendum ergreifen. Cramer liess durchblicken, dass er nicht an einen Erfolg des Referendums glaubt.

Lockerungen des Wohnschutzes: Im Kanton Basel-Stadt sollen Liegenschaftsbesitzerinnen- und besitzer nach einer Sanierung den Mietzins stärker erhöhen können als bisher. Cramer kündigte nach knapp 100 Tagen im Amt an, dass er die Ende Mai 2022 in Kraft getretenen Wohnschutzbestimmungen auf Verordnungsstufe lockern will. Konkret will die Regierung den von der Wohnschutzkommission angewendeten Überwälzungssatz im Laufe des kommendes Jahres «moderat» erhöhen.

Cramer bezeichnete den Wohnschutz als «drängendes Thema». Man befinde sich in einer verfahrenen Situation, in der niemand glücklich sei. Gemäss einer ersten von der Regierung in Auftrag gegebenen Auslegeordnung reduzieren die neuen Bestimmungen des Wohnschutzgesetzes die Mietzinserhöhungen. Es gibt laut Cramer weniger Totalsanierungen und somit weniger Leerkündigungen.

Allerdings stelle die Auslegeordnung auch eine Reihe von Nebenwirkungen fest, sagte Cramer. So gebe es weniger Sanierungen, auch wenn der Rückgang nicht in verlässlichen Zahlen festzumachen sei. «Eine Mehrheit der Befragten geht aber davon aus, dass die energetischen Sanierungen abnehmen werden.» Dies sei eine schlechte Nachricht, da der Kanton bis 2037 klimaneutral sein wolle. «Hier haben wir einen Zielkonflikt zwischen den Wohnschutzbestimmungen und Klimazielen.»

Überprüfung der Fachstelle Klima: Die vor zwei Jahren vom damaligen Regierungspräsidenten Beat Jans geschaffene Fachstelle Klima im Präsidialdepartement wird extern evaluiert. Dies gab Cramer Mitte August im Rahmen seiner 100-Tage-Medienkonferenz bekannt. Die Evaluation solle zeigen, wo es allenfalls noch Verbesserungen gebe bei der Koordination, sagte Cramer. Von möglichen Konflikten wollte er nichts wissen. Es sei aus seiner Sicht ein normaler Prozess, dass man Neugeschaffenes nach einer gewissen Zeit auch evaluiere. Im Wahlkampf hatte sich Cramer skeptisch gegenüber der Fachstelle geäussert.

Erziehungsdepartement:

Univertrag: Im Mai 2021 präsentierte Cramer einen neuen Univertrag mit einem «dynamischen Finazierungsmodell». Die Universität Basel erhält als Globalbetrag der beiden Trägerkantone Basel-Stadt und Baselland für die Jahre 2022 bis 2025 rund 1,355 Milliarden Franken. Mit dem neuen, als «ausgewogen» deklarierten Universitätsvertrag vermindert sich der Beitrag aus dem Mitträgerkanton Baselland leicht. Konkret zahlt der Kanton Baselland nun 670 Millionen Franken und Basel-Stadt rund 685 Millionen Franken.

Neu muss der Kanton Basel-Stadt nämlich einen Standortsvorteil-Zusatz von 10 Prozent berappen. Ausserdem werden die Beiträge zum Restdefizit nach Abzug der Vollkosten für die Studierenden jetzt nach den jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten der Kantone berechnet. Derzeit verhandelt Cramers Nachfolger Mustafa Atici (SP) intensiv mit dem Kanton Basel-Landschaft über den Leistungsauftrag für die Universität ab dem Jahr 2026.

Baudebakel Biozentrum: Im September 2021 weihte Cramer das neue Biozentrum der Universität Basel ein. Mit dem Bau des 72 Meter hohen Biozentrums war 2013 begonnen worden. Der Bezug war ursprünglich für 2017 geplant. Immer wieder kam es jedoch beim historisch grössten Hochbauvorhaben der öffentlichen Hand zu Verzögerungen. Zudem liefen die budgetierten Kosten aus dem Ruder. Statt bei 328 Millionen lagen sie rund 100 Millionen Franken höher bei 430 Millionen Franken. Die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) des Basler Grossen Rats übt in ihrem im September 2022 veröffentlichten Bericht zur pannenreichen Baugeschichte des Biozentrums scharfe Kritik am Basler Regierungsrat. Allgemein rügte sie eine ungenügende Planung, eine Vernachlässigung der Aufsichtspflichten sowie ein unklares Prozedere bei der Übernahme der Mehrkosten.

Sanierungsprojekt Kunsteisbahn: Eine Niederlage musste Cramer im März 2022 einstecken. Damals wies das Parlament eine von ihm vorgelegtes Sanierungsprojekt für die Kunsteisbahn Margarethen einstimmig zurück. Mit der Überweisung einer Motion hat er darüber hinaus die Weichen für ein grundsätzlich neues Konzept für den Eissport gestellt. Gleich zwei vorberatende Grossratskommissionen hatten das von der Regierung vorgelegte Sanierungsprojekt mit deutlichen Worten kritisiert. Dieses weise mit Kosten von rund 45 Millionen Franken ein schlechtes Kosten-Nutzenverhältnis aus und berücksichtige die Gesamtbedürfnisse des Eissports in Basel nicht.

Günstigere Kitas: Basler Eltern zahlen seit dem 1. August weniger für einen Betreuungsplatz in der Kita. Dies, nachdem die SP mit einer Initiative Druck gemacht hatte und Cramer Ende 2022 einen Gegenvorschlag zum Volksbegehren präsentierte. Der Gegenvorschlag des Grossen Rates nahm viele Forderungen der Initiative auf, verzichtete aber auf den umstrittenen Punkt der Gratisbetreuung für alle Familien. Als eine der wesentlichen Änderungen zu Cramers Gegenvorschlag hatte die Bildungs- und Kulturkommission höhere Löhne für die Kita-Mitarbeitenden und weitergehende Vergünstigungen bei den Elternbeiträgen miteinbezogen.

Musical Theater: Zusammen mit der Finanzdirektorin Tanja Soland (SP) verteidigte Cramer im März 2024 die Regierungspläne, das Musical Theater in ein Hallenbad umzuwandeln. Die Abstimmung über die Initiative zum Erhalt des Kulturveranstaltungslokals steht noch aus.

Sanierung St. Jakobshalle: Statt 108 Millionen beliefen sich die Kosten für die Sanierung und Modernisierung der 1975 erbauten St. Jakobshalle auf 141 Millionen Franken. Und die Halle entspricht auch nach wiederholten Nachbesserungen noch immer nicht den angestrebten Bedürfnissen. Die Geschäftsprüfungs- und die Finanzkommission hatten in einem im April veröffentlichten Spezialbericht scharfe Kritik am Sanierungsprojekt der St. Jakobshalle geübt. Der Bericht fasst eine Planungs- und Baugeschichte zusammen, die von sehr vielen Mängeln und zum Teil undurchsichtigen Nachtragskrediten geprägt war. Der Vorsteher des Erziehungsdepartements habe dabei als Vertreter der Nutzerschaft seine Aufsichtspflicht nur mangelhaft erfüllt, hiess es bei der GPK. Die sanierte und erweiterte St. Jakobshalle war im Oktober 2018 eröffnet worden.

Förderklassen-Initiative: Die im Jahr 2022 eingereichte Förderklassen-Initiative wollte die gesetzliche Möglichkeit schaffen, um verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler wieder in gesonderten Klassen unterrichten lassen. Cramer hielt lange am Grundprinzip der integrativen Schule fest. Als Entgegenkommen zur Initiative schnürte er Ende 2023 einen Gegenvorschlag, der sogenannte kurzfristige «Lerniseln» auf Primarstufe und einem «Spezialangebots plus» für Schülerinnen und Schüler mit selbst- oder fremdgefährdendem Verhalten vorsah. Von separativen Förderklassen war aber nicht die Rede. Diese wurden erst von der grossrätlichen Bildungs- und Kulturkommission in den Gegenvorschlag integriert.

Letzten Mittwoch stimmte das Parlament dem von der Regierung mitgetragenen Gegenvorschlag mit 92 zu 0 stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Die Initiative wurde zurückgezogen.

Der Gegenvorschlag sieht vor, dass Schulen Förderklassen schaffen können, jedoch nur bei Kindern mit Lernschwäche und Lernstörungen, nicht aber für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten. Die Vorlage will es den Schulen überlassen, ob sie Förderklassen einführen wollen oder nicht. Zudem sollen die Lehrpersonen im Schulzimmer mit Doppelbesetzungen heil- und sozialpädagogisch unterstützt werden.