Ostschweiz Bündner Landwirtschaft lässt sich vom Wolf nicht vertreiben

uj, sda

1.6.2023 - 10:38

Ein Herdenschutzhund im Wolfsgebiet am Bündner Calanda bewacht eine Herde Schafe. Bündner Landwirtinnen und Landwirte passen sich gemäss einer Umfrage des Kantons an die Wolfspräsenz an. (Archivbild)
Ein Herdenschutzhund im Wolfsgebiet am Bündner Calanda bewacht eine Herde Schafe. Bündner Landwirtinnen und Landwirte passen sich gemäss einer Umfrage des Kantons an die Wolfspräsenz an. (Archivbild)
Keystone

Bündner Landwirtinnen und Älpler wollen trotz der starken Wolfspräsenz im Kanton ihre Tätigkeit nicht aufgeben. Sie passen sich vielmehr an das Grossraubtier an. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Kantons, an der sich über 1000 Landwirtschaftsbetriebe beteiligten.

Keystone-SDA, uj, sda

Wie der Kanton am Donnerstag mitteilte, sind drei Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe in Graubünden gemäss eigenen Angaben von der Wolfspräsenz betroffen. Während Bäuerinnen und Bauern auf den Heimbetrieben Sichtungen oder ein auffälliges Verhalten der Tiere melden, sind es auf den Alpbetrieben vor allem Angriffe und Risse.

Die Onlineumfrage im Auftrag des Amts für Landwirtschaft und Geoinformation zeige aber auch, dass Bäuerinnen und Bauern anpassungsfähig seien und sich den Herausforderungen stellten, schrieb die Regierung. Die Land- und Alpwirtschaft passe sich an, indem sie Produktion und Abläufe umstelle, in den Herdenschutz investiere und die Beweidung der Alpen neu organisiere.

Kein Druck in Bern aufbauen

Diese Ergebnisse seien erwartungsgemäss, sagte Regierungsrat Marcus Caduff (Mitte) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Man wolle damit keinen Druck in Bern aufbauen, sondern vielmehr repräsentative Fakten für eine sachliche Debatte bieten.

Auswirkungen hat die Präsenz der Grossraubtiere vorwiegend auf die Schaf- und Ziegenhaltung. Die Sömmerung dieser Tiere hat laut der Regierung abgenommen. Allerdings beschränken sich Reduktionen des Tierbestandes oder gar Verzichte auf die Sömmerung bisher auf Einzelfälle.

Sollte der Druck jedoch weiter steigen und die Wolfspopulation zunehmen, könnten die Alpsommer für viele Tiere in Graubünden in Frage gestellt werden, erklärte Christian Flury der agrar- und regionalwirtschaftliche Beratungen anbietet am Donnerstag vor den Medien in Landquart. Auch Peter Küchler, Direktor des landwirtschaftlichen Ausbildungszentrums Plantahof, machte deutlich, dass der Herdenschutz bei der Wolfdichte von zwölf Rudeln im Kanton an seine Grenzen stösst.

Sorgen trotz positiver Stimmung

Trotz der Herausforderungen durch die Wolfspräsenz ist die allgemeine Stimmung gemäss der Umfrage in der Bündner Land- und Alpwirtschaft sehr positiv. Weit über 90 Prozent der Landwirte und Älplerinnen gab an, dass ihnen die Arbeit Freude mache.

Demgegenüber stehen aber auch Mehraufwände und Ängste, wie Daniel Buschauer, Leiter Amt für Landwirtschaft und Geoinformation GR, im Gespräch mit Keystone-SDA sagte. Ein Drittel des Personals auf den Bündner Alpen kommt heuer nicht wieder. Ein triftiger Grund sei dabei der Mehraufwand aufgrund der Rissgefahr durch die Grossraubtiere und Erlebnisse im Zusammenhang mit dem Wolf.

Die grössten Herausforderung für die Alpbetriebe sei jedoch der Klimawandel. In den letzten fünf Jahren hätten die Betreiber massiv in die Infrastruktur der Wasserversorgung investieren müssen, so Buschauer weiter.

Die Umfrage basiert auf einem Fraktionsauftrag aus dem Bündner Parlament von Februar 2022. Alle Landwirtschafts- und Sömmerungsbetriebe im Kanton konnten sich in einer Onlineumfrage äussern. Beteiligt haben sich 1066 Landwirtschaftsbetriebe, was einem Rücklauf von 57 Prozent entspricht. Die Umfrage zur Sömmerung haben 405 oder 45 Prozent der angeschriebenen Betriebe beantwortet. Gemäss Regierungsrat Caduff soll die 70'000 Franken-Umfrage nun in regelmässigen Abständen stattfinden.