Bündner Justiz Bündner Kantonsrichter stärken dem Präsidenten den Rücken

SDA

10.6.2020 - 14:16

Das Kantonsgericht Graubünden ist in den Fokus der Justiz und der Politik geraten. Ein Richter wirft dem Präsidenten vor, ein Urteil nachträglich abgeändert zu haben (Archivbild).
Das Kantonsgericht Graubünden ist in den Fokus der Justiz und der Politik geraten. Ein Richter wirft dem Präsidenten vor, ein Urteil nachträglich abgeändert zu haben (Archivbild).
Source: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

In einem ungewöhnlichen Auftritt in Chur haben mehrere Mitglieder des Kantonsgerichts Graubünden ihrem Präsidenten öffentlich den Rücken gestärkt. Der Präsident selber sprach von einer ausserordentlichen Situation.

Tatsächlich ausserordentlich war am Mittwoch in Chur, dass gleich ein ganzes Gericht zu einer Medienorientierung einlud, um seine Sicht der Dinge in einem Fall zu präsentieren, der Justiz und Politik im Kanton Graubünden stark beschäftigt.

Kantonsgerichtspräsident Norbert Brunner wohnte der Orientierung seiner Vizepräsidentin sowie zweier Richter bei und erklärte eingangs, mit Richtigstellungen «wollen wir Gegensteuer geben».

Die Vizepräsidentin des Kantonsgerichts, Ursula Michael Dürst, sowie die Richter Fridolin Hubert und Micha Nydegger erzählten dann ihre Version der Geschehnisse. Es geht im Wesentlichen um Vorgänge am Gericht, die dazu geführt hatten, dass ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen Richter gestellt wurde.

Fall bei der Staatsanwaltschaft

Dieser Richter, Peter Schnyder, wirft dem Gerichtspräsidenten vor, ein Urteil in einem Erbstreit nachträglich so abgeändert zu haben, dass eine am Prozess gar nicht beteiligte Person eine sechsstellige Summe zugesprochen erhielt. Den Sachverhalt dazu wird die Staatsanwaltschaft nach Eingang einer entsprechenden Strafanzeige abklären.

Den Weg frei für die strafrechtliche Untersuchung machte die Justizkommission des Grossen Rates. Sie hob die Immunität des Präsidenten für die Durchführung einer Strafuntersuchung auf und wurde dafür am Mittwoch vom Kantonsgericht kritisiert. Sie seien überrascht über diesen Entscheid, seien sie doch überzeugt, dass der Kantonsgerichtspräsident nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe, sagte die Vizepräsidentin.

Vertrauen nachhaltig beschädigt

In die Diskussion eingegriffen hat auch der frühere Bundesrichter Giusep Nay Ende letzter Woche in einem in der Tageszeitung Südostschweiz publizierten Beitrag. Er schrieb, Kantonsrichter Peter Schnyder sei es ergangen wie vielen anderen Whistleblowern: In erster Linie würden diese angegriffen und sanktioniert und nicht die Schuldigen.

Am Mittwoch äusserte sich die SP-Fraktion des Grossen Rates. Sie sei höchst besorgt über die Zustände am Kantonsgericht, teilte sie mit. Das Vertrauen in das Kantonsgericht, eine der zentralsten Institutionen im Kanton, sei nachhaltig beschädigt.

Die ordentlichen Richterwahlen durch das Kantonsparlament finden im August statt. Ein erstes Mal mit dem Fall beschäftigt sich der Grosse Rat in der Junisession von nächster Woche. Zur Sprache kommen wird, weshalb die Kommission Richter Schnyder zwar nicht des Amtes entheben will, aber ihn im August auch nicht mehr zur Wiederwahl empfiehlt.

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