Im St. Galler Kantonsrat scheiden sich die Geister am Kernstück des neuen Energiegesetzes: dem Ersatz von fossilen Heizungen. Das Parlament ist auf die Vorlage eingetreten. Die Diskussion wird nach einer hitzigen Debatte am Mittwoch fortgeführt.
Das St. Galler Energiegesetz soll nach zehn Jahren dem Stand der Technik angepasst werden. Der Energiebedarf für Heizen, Warmwasser, Lüftung und Klima soll mit dem Nachtrag zum Gesetz möglichst gering ausfallen.
Insbesondere ein Artikel sorgte für Kontroversen: Die St. Galler Regierung schlägt darin vor, dass Eigentümer von älteren Liegenschaften beim Ersatz einer Heizung durch eine neue fossile Heizung mindestens zehn Prozent der Wärme erneuerbar produzieren oder durch geeignete Massnahmen einsparen müssen.
Die Bestimmung betrifft Häuser, die vor den 1990er-Jahren gebaut und seither nie energetisch erneuert wurden. Das sind laut Regierung rund 40 Prozent der Wohngebäude.
«Zahnloses» Gesetz
Die Mehrheit der vorberatenden Kommission will keine Vorgaben für den Ersatz von fossilen Heizsystemen. Sie will die Bestimmung streichen. Die Kommission vertraut weitgehend auf die Eigeninitiative der Hauseigentümer sowie der Wirtschaft.
Damit ist die CVP nicht einverstanden. Sie will die Bestimmung beibehalten. «Die ersatzlose Streichung würde dazu führen, dass die Zielsetzung des Nachtrages nicht mehr erreicht würden», sagte der Sprecher der CVP am Dienstag im Rat.
Mathias Müller (CVP, Lichtensteig) sprach von einem «zahnlosen» Gesetz. In der Kommission habe es mehrere Vertreter des Hauseigentümer-Verbandes mit enormen Einfluss. Viele Hauseigentümer wollten eine zukunftsgerichtete Politik. Es brauche dringend griffigere Massnahmen.
Die GLP ist enttäuscht über den Vorschlag der vorberatenden Kommission. Dieser schwäche die Vorlage in wesentlichen Teilen ab, sagte der Sprecher. Sie beantragt eine Verschärfung der Bestimmung.
Regelung für Härtefälle
Die FDP-Fraktion verlangt spezielle Regelungen für Härtefälle. Die FDP denkt dabei an Hausbesitzer im AHV-Alter, die die Ausgaben für den Ersatz einer Ölheizung finanziell nicht stemmen können. Sie will das Geschäft an die vorberatende Kommission zurückweisen.
Die SVP-Fraktion kritisiert die zum Teil «unverhältnismässigen Vorgaben» für Hauseigentümer, insbesondere beim Ersatz von fossilen Heizungen. Wärmepumpen seien nicht so umweltfreundlich, wie sie propagiert würden, sagte der SVP-Sprecher. Die Fraktion befürworte die Streichung des Artikels.
Der Vorschlag der Regierung sei durch die vorberatende Kommission massiv geschwächt worden, so die Sprecherin von SP-Grünen-Fraktion. Bei bestehenden Bauten bestehe ein riesiges Einsparpotenzial. Die Ratslinke will das Gesetz mit verschiedenen Anträgen doch noch «zukunftsfähig» machen und keine neuen fossilen Heizungen mehr zulassen.
Scherbenhaufen verhindern
Es gehe um sehr viel, sagte Bauchef Marc Mächler (FDP). Es bringe nichts, Maximalforderungen, die nicht mehrheitsfähig seien, durchboxen zu wollen. Er wolle keinen Scherbenhaufen, sondern ein Gesetz, das wirkt. Das Parlament trat mit 93 zu 17 Stimmen auf die Vorlage ein.
In der Spezialdiskussion setzten sich mehrheitlich die Anträge der vorberatenden Kommission durch. Nur der Kanton wird verpflichtet, bei Neubauten eine Vorbildfunktion einzunehmen. Im Gegenzug müssen die Gemeinden ein Energiekonzept erstellen. Die Wärmeversorgung von öffentlichen Bauten soll bis 2050 durch CO2-arme Energieträger und nicht wie von der Regierung vorgeschlagen ohne fossile Brennstoffe sichergestellt werden.
Ein Vorschlag für eine Ersatzabgabe für neue Gebäude, die nicht selber Strom erzeugen, wurde mit 57 zu 54 Stimmen an die Kommission zurückgewiesen. Beheizte Schwimmbäder sollen nur bewilligt werden, wenn sie ausschliesslich mit erneuerbarer Energie erwärmt werden und eine Abdeckung gegen Wärmeverlust vorhanden ist. Ein Streichungsantrag der FDP-Fraktion wurde mit 56 zu 55 Stimmen ganz knapp abgelehnt.
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