Bei der Vergabe von Aufträgen im Strassen- und Tiefbau könnte es auch im Kanton Thurgau zu unerlaubten Preisabsprachen gekommen sein, vor allem in der Zeit vor 2013. Organisierte Kartelle gab und gibt es aber nicht, wie eine statistische Überprüfung zeigt.
Die Hochschule Luzern hat im Auftrag des kantonalen Tiefbauamts Thurgau 382 Vergaben von Aufträgen in den Jahren 2007 bis 2018 mit 2125 Angeboten mit einer statistischen Methode überprüft, wie die Staatskanzlei am Montag mitteilte. Beteiligt waren 139 Firmen, das Volumen der Aufträge betrug durchschnittlich 600'000 Franken.
Bei 15 Prozent der Vergaben zeigten sich Auffälligkeiten. 53 Aufträge wurden deshalb vertieft analysiert. Indizien auf mögliche Preisabsprachen gab es vor allem bei kleineren lokalen Vergaben, die von den Behörden im Einladungs- oder im freihändigen Verfahren durchgeführt wurden.
«Am höchsten war die Anzahl auffälliger Vergaben in den Jahren 2008 bis 2012», heisst es im Communiqué. Ab 2013 sei es zu einem deutlichen Rückgang gekommen. Dies dürfte laut Bericht darauf zurückzuführen sein, dass die Wettbewerbskommission (Weko) ab 2013 verstärkt aktiv wurde.
Elf Firmen unter der Lupe
Speziell unter die Lupe genommen wurden elf Firmen, die gemäss Statistik wiederholt an auffälligen Angeboten im Thurgau beteiligt waren. Es mache den Anschein, «dass allfällige Absprachen in abwechselnder Konstellation stattgefunden haben», heisst es. Indizien würden auf einen damaligen «gewissen Grundkonsens» hindeuten, sich den Markt aufzuteilen.
Systematische Kartelle habe die Analyse aber nicht ausgewiesen. «Wir gehen davon aus, dass die Diskussionen um Kartelle in anderen Kantonen und die Aktivitäten der Weko zu einer Sensibilisierung in der Branche geführt haben», wird Kantonsingenieur Andy Heller zitiert.
Es sei möglich, dass bei der Vergabe von Aufträgen im Thurgau «früher ab und zu einmal ein Wörtchen miteinander geredet wurde», sagte Heller dazu der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Systematische Absprachen habe es aber nie gegeben. Von Kartellen könne man deshalb nicht sprechen.
Grossprojekte korrekt vergeben
Beinahe keine statistischen Auffälligkeiten brachte die Überprüfung bei den offenen Verfahren zu Tage, bei denen es um die höchsten Vergabesummen ging. «Dies zeigt, dass die grösseren Projekte im Kanton unter kompetitiven Bedingungen vergeben wurden», schreibt der Kanton.
Weil die statistischen Auffälligkeiten in den letzten Jahren stark zurückgegangen seien, bestehe aktuell aus Sicht des Kantons kein Anlass, die Weko einzuschalten oder noch mehr Abklärungen vorzunehmen. Die Autoren des Berichts gaben aber verschiedene Empfehlungen ab.
So will das Tiefbauamt in Zukunft regelmässige Screenings durchführen. Zudem gedenkt der Kanton bei der Vergabe von Aufträgen vermehrt das offene Verfahren zu wählen, auch wenn der Schwellenwert das Einladungs- oder freihändige Verfahren erlauben würde.
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