Flüchtlinge Kritik am Ausreisezentrum Sonnenberg in Vilters SG

gn, sda

2.12.2021 - 16:01

Blick auf das Ausreise- und Nothilfezentrum Sonnenberg über eine Sichtschutzwand hinweg. Bewohner klagen über mangelnde Selbstbestimmung. (Archivbild)
Blick auf das Ausreise- und Nothilfezentrum Sonnenberg über eine Sichtschutzwand hinweg. Bewohner klagen über mangelnde Selbstbestimmung. (Archivbild)
Keystone

Die Berner Organisation Migrant Solidarity Network hat am Donnerstag einen Hilferuf eines Bewohners des Ausreise- und Nothilfezentrums Sonnenberg (ANZ) in Vilters SG veröffentlicht. Es wird kritisiert, dass die Menschen im Sonnenberg ohne Selbstbestimmung und Geld leben müssten.

2.12.2021 - 16:01

Durch die Neustrukturierung des Asylbereichs wurde das Asylzentrum in Vilters SG per 1. Januar 2019 in ein Ausreise- und Nothilfezentrum umgewandelt. Es bietet Platz für bis zu 150 Personen.

Im Zentrum leben Familien mit Kindern, Paare und Einzelpersonen. Vergangene Woche ging bei der Organisation Migrant Solidarity Network ein «Hilferuf aus dem Sonnenberg in Vilters» ein. «Es waren verzweifelte Menschen, die im Nothilfecamp in Sonnenberg leben müssen», schrieb die Organisation in einer Medienmitteilung. Im ANZ Sonnenberg leben rund 80 bis 90 Menschen – «viel zu viele auf kleinem Raum».

Keine Kochmöglichkeiten für Familien

Möglichkeiten zum Selberkochen gebe es nicht. Wer die Mahlzeiten verpasse, erhalte sie erst am nächsten Tag wieder. «Gerade für Familien mit Kindern ist diese fixe Essenszeit schwierig», sagte Simone Marti von Migrant Solidarity Network gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Die Bewohnerinnen und Bewohner erhielten die Nothilfe nicht in Geldform. Trotzdem müssten sie für Hygieneprodukte, wie zum Beispiel Binden und Tampons, aber auch Seife und Shampoo bezahlen. Die Türen des ANZ würden um 22 Uhr schliessen. Wenn die Bewohnenden später nach Hause käme, werde ihnen der Einlass verweigert und sie müssten die Nacht ausserhalb des Camps verbringen.

Personen, welche im Ausreisezentrum Sonnenberg untergebracht werden, haben ein rechtskräftig abgelehntes Asylgesuch. «Ihnen wird die Nothilfe nicht ausbezahlt, um zu vermeiden, dass sie sich auswärts verpflegen», nimmt der zuständige St. Galler Regierungsrat Fredy Fässler (SP) gegenüber Keystone-SDA Stellung.

Die Grundversorgung werde zur Verfügung gestellt, dazu gehörten auch Binden und Shampoo. Bewohner, die im ANZ kleinere Jobs oder den Hausdienst übernehmen, erhielten unter Umständen Geld zur freien Verfügung. Es müsse auch niemand draussen schlafen, entgegnet Fässler. Es gebe einen geheizten Raum mit Betten, der auch nach 22 Uhr offen sei.

Vorstösse aus dem Kantonsparlament

Die Unterbringung von Familien mit Kindern im Ausreise- und Nothilfezentrum Sonnenberg hatte im vergangenen Sommer nach einem Beitrag in der «Rundschau» auch zwei Vorstösse aus dem St. Galler Kantonsrat ausgelöst. Regierungsrat Fässler erklärte damals unter anderem vor dem «Rundschau»-Mikrofon gesagt, man wolle den Eltern «die Perspektivlosigkeit in der Schweiz» aufzeigen.

Es sei auch für die Kinder besser, wenn sich ihre Eltern zum Gehen entscheiden würden. Im Beitrag wurde kritisiert, dass andere Kantone, wie etwa Schaffhausen, für ähnliche Fälle Lösungen mit Wohnungen gefunden hätten.

Familien, alleinstehende Mütter mit Kindern sowie alleinstehende Frauen würden im ANZ Sonnenberg in einem separaten Stock untergebracht, schrieb die St. Galler Regierung im September in ihrer Antwort auf die Vorstösse. Es gebe Schulunterricht durch Lehrkräfte. Regelmässig würden Spielnachmittage oder Ausflüge organisiert.

gn, sda