Medikamentenversuche Medikamentenversuch an Herisauer Klinik von 1957 bleibt im Dunkeln

SDA

5.11.2018 - 11:40

Ärzte der Psychiatrischen Klinik Herisau haben im Jahr 1957 an 16 Patienten ein Medikament getestet, das später unter dem Namen Tofranil auf den Markt kam. Die genauen Umstände jenes Versuchs bleiben aber auch nach Nachforschungen in Archiven unklar.

Uwe Herwig, Chefarzt des Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden, Staatsarchivarin Jutta Hafner und Ratsschreiber Roger Nobs informierten am Montag in Herisau über die Hintergründe des Falles.

Die Hauptfrage sei, ob durch die damaligen Medikamententests Patienten geschädigt worden seien, sagte Herwig. Diese Frage ist ebenso ungeklärt wie die Frage, ob die betroffenen Patienten oder deren Angehörige ihr Einverständnis zu den Versuchen gaben.

Dass es an der "Appenzell Ausserrhodischen Heil- und Pflegeanstalt", wie die Psychiatrische Klinik damals hiess, einen solchen Versuch gab, wurde 2016 durch Forschungen um frühere Medikamentenversuche in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen TG bekannt. Das Staatsarchiv Thurgau besitzt ein entsprechendes Dokument.

Erfolgreiches Antidepressivum

Es handelt sich um einen Brief der Direktion der Herisauer Klinik vom August 1957 an die Pharmafirma Geigy (heute Novartis), in dem es heisst, dass in 16 Fällen das Präparat G22355 eingesetzt worden sei. "G22355" kam kurze Zeit später als "Tofranil" auf den Markt und wurde ein "Meilenstein in der Behandlung von Depressionen", wie Uwe Herwig sagt.

Von den 16 Personen, an denen das Medikament 1957 in Herisau getestet wurde, starb eine Patientin eine Woche nach Absetzung des Medikaments. Aus medizinischer Sicht komme "eher eine vom Medikament unabhängige Todesursache" in Frage, hiess es an der Medienkonferenz. Die Namen der 15 anderen betroffenen Patienten sind nicht bekannt.

Trotz gezielter Suche seien keine weiteren Direktions- und Verwaltungsakten und keine Forschungsdokumente zum Fall gefunden worden, sagten die Verantwortlichen. Der Kanton bleibe aber an der Sache dran, sagte Ratsschreiber Roger Nobs. Aufschluss könnte das Firmenarchiv von Geigy geben.

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