Das Theater St. Gallen startet am Samstag mit "Don Carlo" in die Opernsaison. Für die opulenten Kostüme der Verdi-Oper wurde die bekannte italienische Modedesignerin Alessandra Facchinetti engagiert - eine Meisterin ihres Fachs.
Alessandra Facchinetti arbeitete für einige der grössten Labels in der Modewelt: Die 46-jährige Italienerin war Chefdesignerin in Häusern wie Gucci, Valentino und Tod’s. 2016 gründete sie ihr eigenes Designstudio.
Ebenfalls aus Italien stammt Nicola Berloffa. Am Theater St. Gallen setzte er bereits "Carmen" und "Norma" in Szene. Alessandra Facchinetti traf den Regisseur in Macerata, als er vergangenes Jahr am dortigen Opern Festival "Madame Butterfly" inszenierte.
In dieser Saison führt der 38-Jährige in St. Gallen bei der Verdi-Oper "Don Carlo" Regie, 20 Jahre nach der letzten Aufführung im Grossen Haus. "Nicola hat mich angefragt, ob ich für die Oper die Kostüme entwerfen könnte", erzählt die Modemacherin.
Das Kino und die Oper hätten sie immer fasziniert, sagt sie im Gespräch in der Theaterkantine. Endlich war der richtige Zeitpunkt gekommen, alle Energie in das Entwerfen von Kostümen zu stecken. "Wir haben sicher ein Jahr gearbeitet", sagt sie über ihre erste Arbeit für das Theater.
St. Galler Stickereien auf der Opernbühne
Vollendet sind die Kreationen auch vier Tage vor der Premiere noch nicht. Am Tag zuvor haben die Solisten erstmals mit den Kostümen geprobt. "Überall müssen noch Änderungen vorgenommen werden", sagt die Perfektionistin.
Hinter den Kulissen wird noch pausenlos gearbeitet. Sie habe in der Textilstadt St. Gallen ein paar junge talentierte Schneider angetroffen. "Die Arbeit am Theater stimuliert meine Kreativität und es ist eine einzigartige Herausforderung", sagt sie.
Bei der Gestaltung der Kostüme arbeitete die Designerin mit verschiedenen St. Galler Stickereifirmen zusammen. Von Forster Rohner etwa sind die aufwendigen schwarzen Samtstickereien für die weiblichen Hauptfiguren Elisabeth und Eboli sowie für die Chordamen.
Alessandra Facchinetti kannte das Unternehmen bereits von ihrer Arbeit in der Modebranche. Sie freue sich, diese einmaligen Stickereien nun auch für die Bühne nutzen zu können.
Gefangene ihrer gesellschaftlichen Rolle
"Es war eine dekadente Zeit, die wir mit viel Schwarz und dunklen Farben zum Ausdruck bringen", erklärt sie. Dies gilt insbesondere für die französische Königstochter Elisabeth, die den spanischen König Philipp heiraten muss, obwohl sie eigentlich mit seinem Sohn Carlos verlobt war.
Elisabeth empfindet den spanischen Hof als Gefängnis und wird im Schlussakt zur Mater Dolorosa. Aber auch alle anderen Figuren bis hin zum Grossinquisitor sind letztlich Gefangene ihrer gesellschaftlichen Rolle.
"Wir veranschaulichen mit den Kostümen die Zerbrechlichkeit des Systems", sagt die Designerin. Den Infanten Carlos charakterisiert sie als bürgerlichen und damit anti-aristokratischen Rebellen und Dandy.
Mailänder Kostümatelier hilft aus
Begeistert zeigt sich die Modemacherin über einen besonderen Schatz des Theaters St. Gallen: "Es war ein magischer Moment, als ich die Kiste mit dem Borten-Fundus öffnete." Facchinetti fand darin zahlreiche Zierbänder, Kordeln und Spitzen, die nun die Kostüme der Operndarsteller schmücken.
Da die Menge der anzufertigenden Kleider die Kapazitäten der Schneiderei des Theaters überstieg, wurden etliche Kostüme für den Chor im renommierten Mailänder Theaterkostümatelier Casa d’Arte Fiore angefertigt. "Die Kostüme der Solisten wurden aber alle in St. Gallen geschneidert", sagt sie.
Ein besonderer Stoff kommt von der auf Seide spezialisierten Firma Lorma in Como. Diese hat eigens für das Theater St. Gallen einen Seiden-Jacquard mit einem speziellen Muster produziert. Sie habe bei den Kostümen dieselbe Sorgfalt angewandt, wie bei den Modellen für die Haute Couture, sagt Alessandra Facchinetti.
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