Die Landsgemeinde des Kantons Appenzell Innerrhoden wählt am 28. April einen neuen Ständerat an Stelle des zurücktretenden Ivo Bischofberger (CVP). Aussichtsreicher Kandidat ist der als Landammann zurücktretende Daniel Fässler (CVP). Er hat allerdings einen starken Gegner: Parteikollege Thomas Rechsteiner.
Rechsteiner wurde drei Wochen vor der Landsgemeinde per Inserat von der Gruppierung «Bürger mit Weitsicht» als Herausforderer Fässlers lanciert. Eine Eigenart des Halbkantons ist es, dass Kandidierende nicht lange im Voraus nominiert werden, sondern direkt an der Landsgemeinde aufgerufen werden können.
Thomas Rechsteiner ist 48-jährig und in der Vorsorge- und Versicherungsbranche tätig. 2011 wurde er als Finanzdirektor in die Innerrhoder Regierung, die Standeskommission, gewählt, aus der er vor einem Jahr zurücktrat. Er wisse nicht, wer hinter der Gruppierung «Bürger mit Weitsicht» stehe, sagte er nach Erscheinen des Inserats. Sollte er gewählt werden, würde er das Amt annehmen.
Der 58-jährige Fässler ist seit 2012 Nationalrat. Seit 2008 gehört er der Kantonsregierung an, aus der er nun zurücktritt. Der Jurist steht dem Volkswirtschaftsdepartement vor und ist Regierender Landammann (Regierungspräsident). Dieser und sein Vize, der stillstehende Landammann, tauschen alle zwei Jahre das Amt. Dieses Jahr wechselt turnusgemäss Vize Roland Inauen in die erste Reihe.
Regierungs-Ersatzwahlen
Für die Nachfolge Fässlers in der Regierung stehen der 57-jährige Unternehmer Roland Dähler, der 52-jährige Bruno Huber, Bezirkshauptmann von Rüte, sowie der 33-jährige Lorenz Gmünder, Anwalt und Kantonsrichter, zur Wahl. Sie werden von verschiedenen Parteien oder Verbänden unterstützt. Dähler etwa vom kantonalen Gewerbeverband und der SVP, Huber von CVP, Bauernverband und Arbeitnehmervereinigung.
Auch eine weitere Ersatzwahl in die Standeskommission steht an. Es geht um die Nachfolge von Landesfähnrich Martin Bürki, Justiz-, Polizei- und Militärdirektor. Der parteilose Bürki ist im Alter von 54 Jahren am 9. April 2019 überraschend verstorben.
20-Millionen-Franken-Kredit
Nach den Wahlen geht es um verschiedene Gesetzesvorlagen, eine Kreditvorlage sowie um eine Initiative. Angesichts der Platznot der kantonalen Verwaltung soll auf einer kantonseigenen Parzelle ein Verwaltungs-Neubau entstehen.
Vorgesehen ist ein Bauvolumen von rund 11'750 Kubikmetern mit einer Gesamtgeschossfläche von 3680 Quadratmetern. Die Landsgemeinde hat dafür über einen Rahmenkredit in Höhe von knapp 20 Millionen Franken zu beschliessen.
Die SP-Initiative «Versorgungsregion Säntis im Gesundheitswesen» strebt eine engere Zusammenarbeit der Säntis-Kantone Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden sowie St. Gallen im Gesundheitswesen an. Diese Regionalisierung soll kostendämpfend wirken.
Die Gegner befürchten dagegen eine Steigerung der Gesundheitskosten für Innerrhoden. Heute weise der Halbkanton die schweizweit tiefsten Gesundheitskosten auf. Dies solle auch so bleiben. An der Landsgemeinde 2018 hatten die Stimmberechtigen beschlossen, in Appenzell ein eigenes kleines Spital zu errichten, ungeachtet der Nähe von ausserkantonalen Spitälern.
Einführung der Kurtaxe
Die Totalrevision des Tourismusförderungsgesetzes bringt unter anderem eine Erhöhung des Kantonsbeitrags an den Tourismusförderungsfonds und die Einführung einer eigentlichen Kurtaxe an Stelle von Übernachtungsbeiträgen. Die Neufassung der Justizaufsicht präzisiert die bisher nur grob geregelten Aufsichtsinstrumente über Gerichte und Staatsanwaltschaft.
Und schliesslich befindet die Landsgemeinde über eine Anpassung des Datenschutz-, Informations- und Archivgesetzes, über eine Revision des Energiegesetzes sowie Revisionen der Einführungsgesetze zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, zum Strassenverkehrsgesetz und zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs.
Erstmals Liveübertragung
Erstmals wird die Landsgemeinde live im Internet übertragen (www.ai.ch). Nach der Premiere von 2018 werden zum zweiten Mal die Voten vor Ort in Gebärdensprache übersetzt.
Zurück zur Startseite