Prozess Neun Banken und Tankstellenshops überfallen – Täter vor Gericht

ka, sda

14.1.2021 - 14:18

Einem 27-jährigen Mann wird vorgeworfen, insgesamt neun Überfälle auf Banken und Tankstellenshops verübt zu haben. Im Oktober 2019 war er verhaftet worden. (Symbolbild)
Einem 27-jährigen Mann wird vorgeworfen, insgesamt neun Überfälle auf Banken und Tankstellenshops verübt zu haben. Im Oktober 2019 war er verhaftet worden. (Symbolbild)
Keystone

Vor dem Kreisgericht Rorschach hat sich am Donnerstag ein 27-jähriger Schweizer verantworten müssen. Ihm wird vorgeworfen, in der Ostschweiz neun Banken und Tankstellenshops überfallen zu haben. Der Mann zeigte sich geständig und erklärte, er habe jeweils aus Geldnot gehandelt.

Die Überfälle liefen stets nach dem gleichen Muster ab: Ein Mann, maskiert mit Sturmhaube oder Schal, ausgerüstet mit einer ungeladenen CO2-Gasdruckpistole, betrat eine Bank oder einen Tankstellenshop. Er bedrohte die Mitarbeitenden mit der Waffe. Danach flüchtete er zu Fuss oder mit dem Fahrrad, meistens aber mit einem in der Nähe parkierten Auto.

Die Serie begann im September 2016 mit einem Überfall auf die Raiffeisenbank in Steinach. Der letzte und neunte Raub betraf drei Jahre später eine Filiale der Thurgauer Kantonalbank in Bischofszell.

Die Beute war jeweils unterschiedlich gross: Einen Tankstellenshop verliess er mit 1690 Franken, das Maximum waren 275'000 Franken in einer Bank. Nicht immer waren die Überfälle erfolgreich: Eine Angestellte verriegelte einmal rechtzeitig die Türe, weil sie die Gaspistole gesehen hatte. Wenn die Beute ausblieb, kam es noch am gleichen Tag zu einem zweiten Überfall. «Wie wenn man von einem defekten Bankomaten zum nächsten wechselt», kommentierte dies der vorsitzende Richter.

In einer Scheinwelt gelebt

Der gelernte Automechatroniker hatte sich nach der Festnahme im Oktober 2019 vollumfänglich geständig gezeigt. Die Überfälle habe er aus Geldnot begangen, sagte er vor Gericht. Zu teure Autos, Probleme mit Leasingfirmen, ausstehende Mieten und ein generell zu hoher Lebensstandard kumulierten sich zu einem stetig wachsenden Schuldenberg. Einen Ausweg sah er nur in den Überfällen, die er jeweils ohne Planung und fast wahllos beging.

Er habe sich eine Fantasiewelt aufgebaut, erklärte er. Seinem Umfeld erzählte er nichts von seinen finanziellen Problemen, sondern hielt den Schein aufrecht. Die Beute aus den Überfällen verwendete er dazu, Schulden zu zahlen, aber auch um sich teure Autos – Audi, BMW, Porsche – zu kaufen. Bald war das Geld wieder weg und ein nächster Raub wurde notwendig. Einmal war er so pleite, dass er mit dem Geld aus einem Überfall zuerst Benzin für das Auto kaufen musste, um wegfahren zu können.

Immer wieder sah er sich auch unter Druck, weil er Bussen zahlen musste, um einer Ersatzhaftstrafe zu entgehen. Im September 2019 überfiel er zuerst eine Bankfiliale in Bischofszell, danach wechselte er die Kleider im Auto und ging am gleichen Ort auf den Polizeiposten, um Bussen bar zu begleichen.

Obwohl er insgesamt knapp 830'000 Franken ergaunerte, hatte er am Ende fast nichts mehr. Er besass keine Wohnung mehr, hatte alle Besitztümer verkauft ausser einigen Kleidern und dem Auto, in dem er schlief. Bei der Befragung sagte er: Die Verhaftung sei das Beste gewesen, was ihm habe passieren können.

Traumatisierte Angestellte

Weil die Taten unbestritten waren, zeigten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung nur im Strafmass uneins: Die Anklage forderte für mehrfachen Raub und versuchten Raub eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Der Anwalt des Beschuldigten hielt vier Jahre für angemessen.

An der Verhandlung dabei waren auch einige der Opfer: Angestellte von Banken und Tankstellenshops. Sie schilderten, dass bei den Überfällen jeweils lange mit der Waffe auf sie gezielt worden sei. Einige litten bis heute darunter, etwa weil sie ihr Sicherheitsgefühl verloren hätten. Sie habe danach den Job wechseln müssen, sagte eine Frau. Das Kreisgericht Rorschach wird sein Urteil in den kommenden Tagen schriftlich eröffnen.

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