Das Kantonsgericht St.Gallen hat am Dienstag einen Fall von Kindsmissbrauch beraten. Ein vier- bis fünfjähriges Mädchen war als Sexsklavin ausgenutzt worden. Vor Gericht stand der Liebhaber der Mutter des Opfers, der das Urteil der ersten Instanz nicht akzeptiert hatte.
Dem 55-jährigen Beschuldigten wirft die Anklage verschiedene Sexual- und Pornografiedelikte vor. So habe er zusammen mit seiner Liebhaberin deren kleine Tochter zur Sexsklavin erziehen wollen.
Laut Staatsanwaltschaft habe der Mann die Mutter angewiesen, sexuelle Handlungen an ihrer Tochter vorzunehmen, davon Bilder aufzunehmen und ihm zu schicken. Auf elektronischen Geräten des Beschuldigten fanden die Untersuchungsbehörden Dateien mit brutaler sexueller Gewalt und sexuellen Handlungen mit Tieren.
Das Kreisgericht St. Gallen sprach den deutschen Staatsangehörigen im März 2018 grossteils schuldig. Es verurteilte ihn wegen sexueller Handlungen mit einem Kind, mehrfacher Anstiftung dazu sowie wegen Pornografie zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Auch hiess das Gericht eine Genugtuung für das Kind gut.
Dagegen erhob der Beschuldigte Berufung. Er beantragte, ihn vom Vorwurf der Anstiftung zu sexuellen Handlungen mit einem Kind freizusprechen und sowohl die Strafe als auch die Genugtuung zu reduzieren.
Mutter war geständig
Staatsanwaltschaft und Privatklägerschaft verlangten eine Abweisung der Berufung. Die Mutter war an der erstinstanzlichen Gerichtsverhandlung geständig gewesen und hatte das Urteil akzeptiert. Sie war zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 3 Monaten sowie zu einer Therapie verurteilt worden.
Am Dienstag fand nun die Berufungsverhandlung am Kantonsgericht statt. Der Verteidiger stellte zu Beginn mehrere Anträge. Er reklamierte die Verletzung des Anklageprinzips durch die Staatsanwaltschaft.
Sein Mandant stehe ausserdem unter starken Medikamenten, da er unter Depressionen und Angstzuständen leide. Aus diesem Grunde sei er nicht in der Lage, auf die Fragen des Gerichts zu antworten und sei von der Verhandlung zu dispensieren.
Zuerst zum Amtsarzt
Das Kantonsgericht beschloss, den Beschuldigten zum Amtsarzt fahren zu lassen, um seinen Gesundheitszustand abzuklären. Schliesslich wurde die Berufungsverhandlung fortgesetzt und der Mann befragt. Er bestritt die meisten Vorwürfe und schob die Schuld der Mutter des Mädchens zu.
Sie habe keineswegs auf seine Anweisungen gehandelt, sondern aufgrund ihrer eigenen sexuellen Neigungen. Die Frau und ihr Liebhaber unterhielten eine sadomasochistische Beziehung. In seinen Chatnachrichten an die Frau habe es sich um «abstrahierte Fantasien» gehandelt. Die ihm zugeschickten Bilder von dem Mädchen habe er nicht angeschaut.
Die Mutter hatte an der vorinstanzlichen Gerichtsverhandlung sämtliche Vorwürfe bestätigt. In jener Zeit habe sie in einer Welt gelebt, die nichts mit der Realität zu tun hatte. Sie habe sich dem Mann komplett unterworfen und sei von ihm besessen gewesen.
Damals sei sie überzeugt gewesen, dass sie zum Wohle ihres Kindes handle, wenn sie das Mädchen dem Liebhaber «anvertraue». Dank der Therapie, der sie sich seit dem Antritt des vorzeitigen Strafvollzugs unterziehe, sei ihr heute bewusst, was sie ihrer Tochter angetan habe. Das Urteil des Kantonsgerichts steht noch aus.
Zurück zur StartseiteSDA