Die vorberatende Kommission des St. Galler Kantonsrats hat sich erneut mit Veranstaltungen vor extremistischem Hintergrund befasst. Sie spricht sich für eine gesetzliche Grundlage aber gegen ein generelles Verbot aus. Im Einzelfall soll die Kantonspolizei entscheiden.
Im Oktober 2016 fand in Unterwasser im Toggenburg ein Rechtsrock-Konzert mit rund 5000 Neonazis aus dem In- und Ausland statt. Die Polizei war vom Grossanlass überrumpelt und griff nicht ein.
Die Veranstaltung löste politische Diskussionen aus – auch im St. Galler Kantonsrat. Im April 2017 überwies eine klare Mehrheit von 80 gegen 2 Stimmen bei 9 Enthaltungen eine Motion der CVP-GLP-Fraktion. Darin wurde ein gesetzliches Verbot von Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund verlangt.
In der vergangenen Novembersession wurde das Geschäft kontrovers diskutiert. Der Kantonsrat war sich einig, dass man keine extremistischen Veranstaltungen im Kanton St. Gallen will. Der von der Regierung vorgeschlagene Artikel wurde jedoch als zu unpräzise beurteilt. Schliesslich fand sich eine Mehrheit, die den entsprechenden Artikel an die vorberatende Kommission zurückwies.
Einzelfall beurteilen
Diese unterbreitet dem Kantonsrat nun einen alternativen Vorschlag für eine gesetzliche Grundlage. Dabei liess sich die vorberatende Kommission durch eine Fachperson beraten, wie die St. Galler Staatskanzlei am Montag mitteilte. Benjamin Schindler, Professor für öffentliches Recht an der Universität St. Gallen, zeigte der Kommission die Möglichkeiten und Grenzen des kantonalen Gesetzgebers für ein Veranstaltungsverbot von extremistischen Anlässen auf.
Die vorberatende Kommission ist einhellig der Meinung, dass der Kerngehalt der Grundrechte unantastbar sei. Deshalb hat sie beschlossen, dass kein generelles Verbot beantragt werden soll. Vielmehr soll ein Verbot einer Veranstaltung immer im Einzelfall beurteilt und ausgesprochen werden, wie es im Communiqué weiter heisst.
Dafür sei eine zentrale Behörde nötig, die über die relevanten Informationen, entsprechenden Mittel und Kompetenzen verfüge. Die vorberatende Kommission beantragt, die Kantonspolizei als zuständige Behörde zu bezeichnen.
Zwischen öffentlichem und privatem Grund unterscheiden
Veranstaltungen mit Auswirkungen auf den öffentlichen Raum werden von der Kantonspolizei verboten, wenn sie nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden können und dadurch das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigen. Zudem beantragt die Kommission, dass beim Veranstaltungsverbot zwischen öffentlichem Raum und privatem Grund unterschieden werden soll.
Veranstaltungen auf privatem Grund können nur verboten werden, wenn eine schwere und unmittelbare Gefährdung oder Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht anders abgewehrt werden kann oder Anzeichen bestehen, dass es zu Verbrechen oder Vergehen kommen könnte.
Der Kantonsrat berät diesen Artikel in erster Lesung und den gesamten Nachtrag zum Polizeigesetz in zweiter Lesung in der kommenden Februarsession.
Volksinitiative noch nicht vom Tisch
Die neue Regelung sei ein gangbarer Weg, schreibt die St. Galler CVP in einer Mitteilung. Erfreulich sei auch, dass der Kanton St. Gallen mit dieser Anpassung des Polizeigesetzes eine Vorreiterrolle im Kampf gegen extremistische Veranstaltungen einnähme.
Sollte der Kantonsrat dem Gesetzesartikel nicht zustimmen, will die CVP wie angekündigt eine Volksinitiative lancieren. Die Vorarbeiten für die Initiative werden vorangetrieben, und den Delegierten wird Ende Januar ein entsprechender Antrag unterbreitet, wie es im Communiqué weiter hiess.
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