Kritische FälleHinterliess ein Sammler der Stadt Winterthur Nazi-Raubkunst?
SDA, smi
24.1.2023 - 12:31
6000 Gemälde hat die Stadt Winterthur von einem Sammler geerbt. Sie lässt nun überprüfen, ob sich darunter von Nazis geraubte Werke befinden. Die Expert*innen haben erste Hinweise darauf gefunden.
Keystone-SDA, SDA, smi
24.01.2023, 12:31
SDA, smi
Es ist eine Mammutaufgabe, die Jahre dauern wird: Die Winterthurer Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG) lässt die Herkunft von rund 6000 Gemälden erforschen. Erste kritische Fälle sind bereits aufgetaucht, wie die Stiftung am Dienstag mitteilte.
Bei 93 Gemälden ist ein Erstcheck bereits abgeschlossen, bei weiteren 240 läuft dieser noch, wie die SKKG schreibt. Sechs Werke befinden sich bereits in einer vertieften Recherche, weil es Hinweise gibt, dasss sie von Nationalsozialisten geraubt worden sind.
Bei weiteren vier Werken beginnt die Tiefenrecherche im Februar. Die Stiftung erwartet, dass es weitere kritische Fälle geben wird.
Die Sammlung von «Immobilienkönig» Bruno Stefanini
Die umfangreiche Sammlung stammt vom verstorbenen Winterthurer Immobilienkönig Bruno Stefanini. Die SKKG sieht sich nun in der Verantwortung und will die Provenienzen ihrer Kunstwerke klären. Dabei sucht sie aktiv nach möglichen vormaligen Eigentümerinnen und Eigentümern beziehungsweise deren Erben.
Die Stiftung hat sich dabei für ein zweistufiges Verfahren entschieden und zwei voneinander unabhängige Einrichtungen bestimmt. Provenienzenforschung und die Entscheide über den Umgang mit einzelnen Werken sind voneinander getrennt.
Eine externe Projektleitung ist für die Provenienzabklärungen zuständig. Die Ergebnisse werden dann einer vom Stiftungsrat eingesetzten Kommission unterbreitet.
Stefaninis Tochter befürwortet die Arbeit der Kommission
Diese «Unabhängige Kommission der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte zur Klärung NS-verfolgungsbedingter Ansprüche» trifft ihre Entscheide selbständig und unabhängig, wie die Stiftung betonte. Sie sind für die Stiftung verbindlich. Eine solche Kommission ist laut SKKG eine internationale Premiere.
Es sei zentral, dass die Stiftung in Bezug auf Kulturgüter, die NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden, Verantwortung übernimmt und Macht abgibt, wird Stiftungsratspräsidentin Bettina Stefanini, die Tochter des verstorbenen Bruno Stefanini, in der Mitteilung zitiert. «Wir vertrauen der Unabhängigen Kommission, dass sie bei diesem schwierigen Thema faire und gerechte Lösungen findet.»
Die Arbeiten zu den Provenienzabklärungen begannen im Sommer 2022. Die Unabhängige Kommission SKKG soll im Laufe des Jahres 2023 eingesetzt werden. In einer ersten Phase wird ihre Arbeit voraussichtlich sechs Jahre dauern.