Alle kämpfen, alle Rennen, die Resultate sind konstant: Borussia Dortmund offenbart im neuen Jahr ungeahnte Tugenden. In dieser Verfassung ist der BVB auch international ein Faktor.
Der Sieg im Spitzenspiel der Bundesliga, dieses 2:1 gegen das ähnlich formstarke RB Leipzig am Freitagabend, hatte durchaus Symbolcharakter. Es war der zehnte Sieg in Folge und stand stellvertretend für den neuen BVB – den BVB, der nicht nur schön spielen kann von Zeit zu Zeit, sondern auch mit voller Hingabe verteidigen und glücklich gewinnen, wenn es die Umstände erfordern. Den BVB, der sich den in einem Wikipedia-Artikel verankerten Bayern-Dusel des Rivalen zu eigen macht.
Seit zehn Spielen widerlegt der BVB das angeheftete Mentalitätsproblem eindrücklich. Sechs dieser Spiele gewann die Mannschaft von Trainer Edin Terzic mit einem Tor Differenz. Der BVB vereint neuerdings spielerische Souplesse mit Arbeitsethos. Es wirkt wie das bayrische «Mia san mia» im Ruhrpott, das mitunter der als Berater angestellte Experte Matthias Sammer in den Klub zu implementieren versucht. «Wir wehren uns mehr, wir sind bereit zu leiden, wir fighten ohne Ende. Da hat die Mannschaft den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung gemacht», lobt Sportdirektor Sebastian Kehl.
Eben noch gescholten, jetzt Leistungsträger
Federführend am Aufschwung sind neben Trainer Terzic und dem seit Monaten herausragenden Schweizer Goalie Gregor Kobel auch Spieler, die vor kurzem noch als Problemfälle galten. Allen voran Julian Brandt, mit dem der BVB den im Sommer 2024 auslaufenden Kontrakt zunächst nicht verlängern wollte, überzeugt endlich konstant. Nicht nur mit Toren und Pässen, sondern auch mit entschlossenem Spiel gegen den Ball.
Auch die Torschützen waren beim Sieg gegen Leipzig nicht zufällig: Captain Reus gibt dem Offensivspiel des BVB wieder jene Struktur, die die Mannschaft während dessen verletzungsbedingten Abwesenheit häufiger vermissen liess. Can hat sich über die WM-Pause vom gescholtenen Risikofaktor zum Leistungsträger gewandelt.
Zugleich bringen Nico Schlotterbeck und Niklas Süle der Mannschaft nach grösseren Anlaufschwierigkeiten inzwischen jene Stabilität, die es im Konzert der Grossen braucht. Die Dortmunder Abwehr hielt dem Druck gegen Leipzig stand, obwohl mit Gregor Kobel die defensive Lebensversicherung der letzten Wochen kurzfristig ausfiel. Auch das passte ins Bild: Ein einzelner Pfeiler bringt das Konstrukt nun nicht mehr zum Einsturz.
Kobel beim BVB gegen Chelsea fraglich
Mit der Siegesserie hat Dortmund das Fundament für eine erfolgreiche Saison gelegt. «So eine Serie gibt eine Menge Kraft und Überzeugung», sagt Kehl. Nun folgen die Wochen der Wahrheit, die mit dem Spiel gegen Leipzig eingeläutet wurden. Der zweite Schritt steht am Dienstag im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League bei Chelsea an (21:00 Uhr live auf blue Sport), in welchem es das 1:0 aus dem Heimspiel zu verteidigen gilt. Auch am Wochenende im Revier-Derby auf Schalke werden Dortmunds neue Tugenden besonders gefragt sein – wie danach wiederum am 1. April im Gipfeltreffen bei Bayern München und vier Tage später im Cup-Viertelfinal in Leipzig.
Für das Spiel an der Stamford Bridge ist der Einsatz von Keeper Gregor Kobel fraglich. Der Schweizer hatte am Freitag vor dem 2:1-Erfolg gegen Leipzig beim Aufwärmen Muskelprobleme verspürt und verpasste das Spiel. Er flog am Montag mit der Mannschaft nach London, der 31-jährige Alexander Meyer, der Kobel am Freitag gut vertrat, wäre der Ersatz.
Obwohl der Gegner am Wochenende sein Ligaspiel ebenfalls gewann (1:0 gegen Leeds), kommt das Duell gegen Chelsea für den BVB trotz des personellen Fragezeichens im Tor zu einem günstigen Zeitpunkt. Die Londoner tun sich seit dem Besitzerwechsel trotz aberwitzigen Millionen-Investitionen konstant schwer und liegen in der Premier League nur auf dem 10. Platz. Noch nie haben sie seit dem Jahreswechsel mehr als ein Tor in einer Partie erzielt.