Bei Sion-Torhüter Heinz Lindner wurde Hodenkrebs diagnostiziert und anschliessend operiert. Der Österreicher ist wieder gesund – ist bei den Wallisern aber ohne Perspektive und wird auch die EM 2024 verpassen.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Bei Heinz Linder wurde im Mai 2023 Hodenkrebs diagnostiziert. Der Torhüter liess sich erfolgreich operieren. Nun fühlt er sich wieder gleich fit wie vor seiner Erkrankung.
- Sportlich steht der Österreicher aber ohne Perspektive da. Der FC Sion hat bisher noch nicht mal eine Lizenz gelöst für den Goalie.
- Auch ein Einsatz in der österreichischen Nationalmannschaft ist für Lindner kein Thema mehr. Noch im März war er in der EM-Qualifikation Stammtorhüter, nun droht er aber, die Europameisterschaft 2024 in Deutschland zu verpassen.
«Es geht mir eigentlich gut», sagt Sion-Torhüter Heinz Lindner im Interview mit dem «Walliser Boten.» Der Österreicher hat eine turbulente Zeit hinter sich: Im Mai 2023 wurde Hodenkrebs diagnostiziert, den Lindner operieren liess.
Nun erzählt der 33-jährige, dass er sich nach der Operation für eine konservative Behandlung entschied: «Das bedeutet vier gründliche medizinische Untersuchungen pro Jahr statt eine Chemotherapie. Diese wäre zwingend nötig geworden, wenn der Tumor gestreut hätte. Das hat er gottlob nicht, wie man bei der operativen Entfernung festgestellt hat.»
Die ersten Untersuchungen seien sehr positiv ausgefallen, die Ärzte hätten keine Auffälligkeiten festgestellt. Als geheilt gilt Lindner aber erst, wenn vier Jahre lang keine Symptome mehr auftreten.
Derzeit geht es Lindner aber wieder so gut, dass er normal mit dem FC Sion mittrainieren kann. Wegen einer Ellbogenverletzung musste er noch zusätzlich aussetzen, seit einigen Wochen sei er aber im Training wieder voll dabei und sei gleich fit wie vor der Verletzung.
Bei einem Blick auf das Matchblatt des FC Sion sieht man jedoch: Lindner stand in keinem Spiel in der laufenden Saison im Aufgebot. Das hat einen einfachen Grund: Der FC Sion hat für Lindner in dieser Saison bisher gar keine Lizenz gelöst.
Lindner sagt dazu: «Ich habe es zur Kenntnis genommen. Ich gebe im Training immer beim Bestes und versuche, die jungen Torhüter im Team mit meiner Erfahrung stets zu unterstützen. Ich verhalte mich da professionell. Ich bin kein Typ, der wegen seiner sportlich unbefriedigenden Situation für schlechte Stimmung sorgt. Wenn man mich braucht, bin ich bereit.»
Ein erstes Pflichtspiel-Comeback gab Lindner immerhin für die U21 des FC Sion. Am 11. November stand er in der 1. Liga gegen den FC La-Chaux-de-Fonds im Tor und musste gleich sechsmal hinter sich greifen. Seither blieb Lindner ohne weiteren Einsatz.
Von hundert auf null in kürzester Zeit
Vor seiner Krebserkrankung war Lindner nicht nur beim FC Sion die Nummer 1, sondern auch in der österreichischen Nationalmannschaft. Er hütete in den ersten beiden EM-Qualifikationsspielen im März noch das Tor und half mit, die Siege gegen Aserbaidschan (4:1) und Estland (2:1) zu sichern. Danach fiel Lindner wegen seiner Hodenkrebs-Operation aus, Österreich qualifizierte sich dennoch souverän für die Europameisterschaft in Deutschland 2024.
Nun ist Lindner bei der Nationalmannschaft kein Thema mehr: «Dabei sieht man, wie schnell es im Leben wie im Fussball gehen kann. Ende März spielte ich für Österreich. Ein halbes Jahr später ist der FC Sion aus der Super League abgestiegen, ich spiele nicht mehr und bin bei meinem Verein nicht einmal für die Meisterschaft lizenziert – also von hundert auf null in kürzester Zeit. Doch ich bin mir bewusst, dass es genauso schnell wieder in die andere Richtung gehen kann.»
Dass Lindner doch noch auf den österreichischen EM-Zug aufspringen kann, erachtet er als schwierig. Aufgegeben hat er den Traum jedoch noch nicht: «Aufgeben tut man einen Brief, aber nicht die Hoffnung. Doch ich bin Realist. Ich stieg mit dem FC Sion ab und spiele derzeit nicht einmal in der zweithöchsten Schweizer Liga. In Österreich gibt es gute Torhüter, die jede Woche starke Leistungen abliefern. Auch wenn ich demnächst wieder spielen würde, es reicht nicht mehr für ein EM-Aufgebot.»
Keine Perspektive bei Sion
Beim FC Sion sieht es in naher Zukunft nicht danach aus, als würde Heinz Lindner ins Tor zurückkehren. Dafür funktioniert die Defensive der Sittener derzeit zu gut und Torhüter Fayulu hält stark. Lindner kann das nachvollziehen und sagt: «Es besteht derzeit keinen Grund, hier etwas zu verändern. Ich nehme meine Situation so hin, weiss aber auch, dass sich schnell etwas ändern kann.»
Beim FC Sion hat Lindner noch einen Vertrag bis ins Jahr 2025. Ein Wechsel zu einem anderen Verein sei vorerst aber kein Thema: «Ich bin ein Torhüter, der an Krebs erkrankt ist, aus einer Operation kommt und lange nicht mehr gespielt hat. Zwar wieder fit, aber es bleiben für interessierte Vereine wohl trotzdem Fragen zurück, ob sie mich wirklich verpflichten sollten. Zuversichtlich bleibe ich trotzdem, was meine sportliche Zukunft betrifft.»