Champions League Giftpfeile von Hoeness und viele Verletzte – Bayerns Sorgen vor dem Knüller gegen Real Madrid 

sda

30.4.2024 - 05:00

Bayern München brennt auf einen grossen Abend gegen Real Madrid, um in der Champions League die Saison zu retten. Arsenal soll der Wendepunkt gewesen sein, Uli Hoeness' Seitenhieb am Team abzuperlen.

Keystone-SDA, sda

Die Münchener bestreiten am Dienstagabend in der Allianz-Arena das Halbfinal-Hinspiel gegen den spanischen Champions-League-Rekordsieger und wollen dabei den Grundstein für den Finaleinzug eine Woche später in Madrid legen. Der Final steigt am 1. Juni im Londoner Wembley-Stadion, der Sieger des Duells bekommt es mit Borussia Dortmund oder Paris Saint-Germain zu tun. Bayern gegen Dortmund wäre die Neuauflage von 2013, als der Final ebenfalls im Wembley stattgefunden hatte.

Gemessen am bisherigen Saisonverlauf, spricht wenig für die Bayern. Nach elf Meistertiteln in Folge wurde die Mannschaft von Nochtrainer Thomas Tuchel in der Bundesliga von Bayer Leverkusen entzaubert. Im nationalen Cup schied sie bereits in der 2. Runde aus, wiederholt leistete sie sich ungewohnte Fehltritte.

Reals Beständigkeit

Real Madrid dagegen steuert mit dem brillanten neuen Teamleader Jude Bellingham souverän auf den 36. Meistertitel zu. Das Team des bei Bayern 2017 nicht mehr erwünschten Trainers Carlo Ancelotti hat in dieser Saison nur zwei Pflichtspiele verloren und sich in der Champions League trotz der Absenz von Abwehrchef David Alaba (Kreuzbandriss) gegen den letztjährigen Sieger Manchester City und RB Leipzig behauptet. In den letzten drei K.-o.-Duellen gegen den einstigen deutschen Angstgegner Bayern setzten sich die Spanier mit fünf Siegen und einem Unentschieden durch. «Hier geht es um Qualität, aber auch um Mentalität – und Real hat beides», sagt Bayerns Joshua Kimmich.

Im Gegensatz zu Bayern hat Real auch Ruhe. Seit Februar steht fest, dass Thomas Tuchel seinen Posten in München Ende Saison räumen muss. Wie das Ensemble auf dem Rasen agierte auch der renommierte Trainer, der vor drei Jahren Chelsea zum Triumph in der Champions League geführt hat, in seiner Zeit bei Bayern München wiederholt ungeschickt. Mit fragwürdigen Aussagen destabilisierte er unter anderem Leistungsträger wie Joshua Kimmich und seine teuer eingekaufte Abwehr.


Auch personell verzeichnet Deutschlands Primus eine komplizierte Saison. Der glänzend in die Saison gestartete Leroy Sané plagt sich seit Monaten mit Schmerzen. Um in der Champions League einsatzfähig zu sein, schaute der designierte Unterschiedsspieler in den letzten vier Bundesligapartien zu. Serge Gnabry verpasste verletzungsbedingt einen Grossteil der Saison, könnte aber wie Sané und der beim jüngsten 2:1-Sieg gegen Eintracht Frankfurt wegen einer Kniereizung ausgefallene Jamal Musiala gegen Real Madrid wieder ins Geschehen eingreifen. Matthijs de Ligt und Konrad Laimer wurden gegen Frankfurt nach 45 respektive 28 Minuten angeschlagen ausgewechselt und sind für das Hinspiel am Dienstag wie Dayot Upamecano fraglich.

Leroy Sané (links) und Jamal Musiala am Montag im Bayern-Training. Beide waren zuletzt angeschlagen.
Leroy Sané (links) und Jamal Musiala am Montag im Bayern-Training. Beide waren zuletzt angeschlagen.
Imago/Eibner

Bayerns neue Zuversicht

Trotz des harzigen Verlaufs, der in zwölf Punkten Rückstand auf Leverkusen gipfelt und die Schmach gegen Saarbrücken im Cup beinhaltet, glaubt Bayern an seine Chance gegen Real Madrid und in der Champions League – vor allem dank des Halbfinal-Vorstosses gegen Arsenal mit einem 1:0-Sieg im Rückspiel, der wohl besten Leistung der Saison. «Ich glaube, dass gegen Arsenal etwas entstanden ist. Das hat man danach in der Kabine gespürt. Das könnte der Anfang von etwas Grossem sein», sagt Mittelfeldakteur Leon Goretzka.

Zwar lief es zuletzt sportlich wieder besser. Zur Ruhe kam der Klub wegen einer umstrittenen Äusserung von Uli Hoeness über Thomas Tuchel jedoch nicht. Der Ehrenpräsident hatte bei einem öffentlichen Auftritt Tuchels Einstellung kritisiert: «Er meint nicht, dass er einen (Alphonso) Davies, (Aleksandar) Pavlovic oder (Jamal) Musiala verbessern kann. Wenn es nicht klappt, sollte man ihm zufolge einen anderen kaufen.»

Worte, die beim Trainer gar nicht gut ankamen. Die Aussage sei «absolut haltlos» und «meilenweit von der Realität entfernt», erwiderte Tuchel. Und sie komme zur Unzeit: «Es stehen unglaublich wichtige Tage für uns alle an. Es gibt keinen schlechteren Zeitpunkt für irgendwelche Nebenschauplätze.» Am Team perlte das Störfeuer aus der Ehrentribüne jedoch vorerst ab: Dem in der Regel gut unterrichteten Experten Lothar Matthäus zufolge gibt es in der Kabine einen «Kuschelkurs» und herrscht eine gute Atmosphäre.