Bei Bayern München liegen die Nerven blank. Unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel entschwinden sämtliche europäischen Hoffnungen. Das Hauptproblem: Es fehlt ein Goalgetter wie Lewandowski.
In München klammert man sich derzeit an Strohhalme. Die deutsche Presseagentur dpa publizierte am Dienstag schon mal eine Auflistung mit den «grössten Comebacks in der K.o.-Phase der Champions League». Sollten die Bayern das 0:3 aus dem Viertelfinal-Hinspiel gegen Manchester City noch drehen, würde sich der deutsche Meister in den Top 5 dieser Liste platzieren. Erst vier Mal wurde ein Rückstand von drei und mehr Toren noch gedreht.
Bloss: Wer soll in München diese mindestens drei Treffer erzielen, die für das Fussball-Wunder notwendig sind? Seit Thomas Tuchel das Zepter an der Seitenlinie von Julian Nagelsmann übernommen hat, gab es neben dem Debakel in Manchester ein 4:2 gegen Dortmund – begünstigt durch zwei Patzer von Goalie Gregor Kobel – als viel versprechenden Auftakt, und dann ein 1:2 und ein 1:0 (in Cup und Meisterschaft gegen Freiburg) sowie ein 1:1 (gegen Hoffenheim). Mit Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt und Benjamin Pavard waren die letzten drei Torschützen alles Verteidiger. Im Angriff herrscht hingegen eine monumentale Flaute.
Manés Bringschuld
Der mit grossen Hoffnungen als Nachfolger des zu Barcelona abgewanderten Torgaranten Robert Lewandowski geholte Sadio Mané erweist sich bisher neben dem Platz als schlagkräftiger als auf dem Rasen. Dennoch ist gerade der Senegalese nun der grosse Hoffnungsträger. Wird ihn Tuchel nach der internen Sperre wegen des Faustschlags gegen den Teamkollegen Leroy Sané nun erst recht aufstellen? «Ich würde ihn von Anfang an spielen lassen», erklärte der ehemalige Bayern-Captain Stefan Effenberg. «Denn er ist in der Bringschuld.»
Zudem war Mané beim letzten Comeback in der Champions League nach einem 0:3 auf dem Platz. Am 7. Mai 2019 gelang ihm mit Liverpool im Halbfinal-Rückspiel ein 4:0 gegen Barcelona – dank je zwei Toren von Divock Origi und Georginio Wijnaldum sowie einem Assist von Xherdan Shaqiri. Eine solch magische Nacht wie an der Anfield Road brauchen Goalie Yann Sommer und seine Vorderleute nun auch in München.
Der Strohhalm ist jedoch äusserst dünn. Manchester City kassierte seit Weihnachten nie mehr als zwei Gegentreffer; die letzten zehn Spiele gewann das Team von Pep Guardiola wettbewerbsübergreifend allesamt, mit einem Torverhältnis von 37:4.
Inters beruhigende Reserve
Auch im zweiten Viertelfinal-Rückspiel vom Mittwoch gibt es einen klaren Favoriten. Inter Mailand gewann vor einer Woche in Lissabon dank einer abgeklärten Leistung 2:0. Das Team von Trainer Simone Inzaghi steht damit vor seiner ersten Halbfinal-Qualifikation seit dem Champions-League-Triumph vor 13 Jahren. Benfica dürfte nicht die spielerische Klasse haben, im San Siro mit zwei oder mehr Toren Differenz zu gewinnen.