Halbzeit in der National League Von Hockey-Märchen, einem Gold-Trainer unter Druck und Volksfesten im Jura

Von Marcel Allemann

30.11.2021

«Für Grönborg wird die Luft langsam dünn»

«Für Grönborg wird die Luft langsam dünn»

Die Hälfte der Qualifikation in der National League ist vorbei. Marcel Allemann, Eishockey-Spezialist bei blue News, nimmt eine Bestandesaufnahme vor. Und spricht über bisherige Sieger und Verlierer.

30.11.2021

Fast alle Teams haben 26 oder mehr Spiele absolviert. Es ist somit Halbzeit in der Qualifikation der National League. blue Sport verteilt den 13 Clubs ihr Zwischenzeugnis.

Von Marcel Allemann

30.11.2021

Fribourg

Der Überraschungsleader. Einen Rang im vorderen Mittelfeld hatte man den Freiburgern  zugetraut, aber nicht, dass sie um Rang 1 mitspielen. Der erfahrene Kader spielt seine ganze Routine aus und beeindruckt durch Konstanz. Beeindruckend ist auch, wie sich Christian Dubé entgegen dem aktuellen Trend in seiner Doppelfunktion als Trainer und Sportchef etabliert hat. Quasi als frankofone Antwort auf den legendären Arno Del Curto.

Führt sowohl die Rolle als Trainer und Sportchef perfekt aus: Fribourgs Christian Dubé.
Führt sowohl die Rolle als Trainer und Sportchef perfekt aus: Fribourgs Christian Dubé.
Bild: Keystone

Zug

Es kommt nicht unerwartet, dass der Meister nicht mehr so leicht und locker zu seinen Siegen stürmt wie noch in der letzten Saison. Mit Diaz, Hofmann, Alatalo und Geisser ging neben viel Klasse auch viel Leadership verloren und das spürt man in schwierigeren Momenten. Allerdings hat der EVZ auch mit viel Verletzungspech zu kämpfen. Wenn die Personaldecke wieder breiter ist und der Meister noch ein Brikett nachlegen kann, dann dürfte er am Ende trotzdem wieder als Qualifikationssieger dastehen.

Rapperswil-Jona Lakers

Sie schreiben derzeit ein grandioses Hockey-Märchen. Nach miesem Start vom letzten Platz aus gestartet, begannen die Lakers das Feld von hinten aufzurollen, reihten zwischenzeitlich sogar sieben Siege aneinander und sind inzwischen mit ihrer auf diese Saison verjüngten Equipe tatsächlich im Spitzenfeld angekommen. Wöchentlich wartet man auf den Einbruch der St. Galler, bis jetzt vergeblich. Ziehen die das etwa tatsächlich durch? Bei 18 Punkten Vorsprung auf Rang 7 muss inzwischen ohnehin die direkte Playoff-Qualifikation das Ziel sein. 

Davos

Ähnlich wie Rappi hatte auch der HCD ganz zu Beginn gewisse Schwierigkeiten, konnte sich danach aber ebenfalls markant steigern. Im Vergleich zur enttäuschenden Vorsaison hat sich vor allem die Hintermannschaft entwickelt, indem die Anzahl der Gegentore massiv heruntergefahren wurde und auch bei den neuen Ausländern (Bromé, Stransky, Rasmussen) hatten die Bündner ein glückliches Händchen. Kann der HCD den eingeschlagenen Weg fortsetzen, dann kann das für ihn noch eine lange und schöne Saison werden.

Goalie Sandro Aeschlimann und der HC Davos lassen viel weniger Gegentore zu als noch in der letzten Saison.
Goalie Sandro Aeschlimann und der HC Davos lassen viel weniger Gegentore zu als noch in der letzten Saison.
Bild: Keystone

Biel

Die Bieler sind am besten von allen Teams gestartet, konnten dieses Niveau jedoch nicht ganz halten. Was jedoch auch nicht erstaunen kann, so viele Verletze wie der EHC Biel hat kein anderes Team in der Liga zu beklagen. Und trotzdem gehören die Seeländer noch immer der Spitzengruppe an. Macht die Verletztenhexe dann einmal einen Bogen um Biel, dann scheint für die Mannschaft von Comeback-Trainer Antti Törmänen in dieser Saison sehr vieles möglich zu sein.

ZSC Lions

Eine der grossen Enttäuschungen der bisherigen Saison. Mit dieser Mannschaft müssten die Zürcher an der Spitze rocken, aber stattdessen dümpeln sie im Mittelfeld auf Rang 6 herum, mit schon 12 Punkten Rückstand auf die Top 5. Das ist klar zu wenig und entsprechend steht Trainer Rikard Grönborg in der medialen Kritik, seine Akzeptanz sinkt. Der schwedische Weltmeister-Coach schafft es nicht, seinen prominent bestückten Kader ins Rollen zu bringen. Zudem bekommen junge Talente wie Noah Meier unter dem Nordländer keine echten Einsatzchancen und versauern beim Farmteam GCK Lions. In Rapperswil-Jona würde Meier vermutlich in einem der ersten beiden Blöcke spielen. Findet der ZSC nun nicht in die Spur, könnte noch vor dem Jahreswechsel das letzte Stündchen von Grönborg als ZSC-Trainer geschlagen haben.

Rikard Grönborg sieht sich derzeit viel Kritik ausgesetzt.
Rikard Grönborg sieht sich derzeit viel Kritik ausgesetzt.
Bild: Keystone

Bern

Der Saisonstart war noch mager und es sah danach aus, dass der SCB nicht aus dem Kreis der chronischen Erfolgslosigkeit ausbrechen kann. Doch seither haben sich die Mutzen deutlich gesteigert, die Ideen des neuen Trainers Johan Lundskog scheinen allmählich zu greifen. Das Pflänzchen SCB beginnt zu wachsen, ist aber noch sehr zart und muss gehegt und gepflegt werden, damit es dereinst wieder herrlich blühen kann.

Lausanne

Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Vielleicht ist das auch logisch, weil in diesem Verein einfach konstant zu viel Unruhe herrscht und es so gar nicht möglich ist, Konstanz hinzubekommen. Direktor Petr Svoboda sprach kürzlich von einem Fünfjahresplan, der Lausanne zur seriösen Topadresse machen soll. Doch viele Hockey-Experten trauen diesen Worten und dem Frieden nicht.

Lugano

Die Erwartungen waren nach der Verpflichtung von Chris McSorley als Trainer gross. Doch nach der Hälfte der Qualifikation muss ernsthaft die Frage gestellt werden, ob sein Eishockey schlicht nicht mehr zur heutigen Zeit und schon gar nicht zu Lugano passt. Immerhin: Seit der Nati-Pause haben sich die Tessiner ein wenig gefangen. Nur ein kleiner Silberstreifen am Horizont oder doch mehr?

Die Zusammenarbeit von Chris McSorley und dem HC Lugano ist noch nicht von Erfolg gekrönt.
Die Zusammenarbeit von Chris McSorley und dem HC Lugano ist noch nicht von Erfolg gekrönt.
Bild: Keystone

Ambri

Die Leventiner befinden sich in der Tabelle in etwa dort, wo man sie vor der Saison erwarten durfte, erleben derzeit allerdings gerade eine schwierige Phase. Die letzten vier und insgesamt sechs der letzten sieben Spiele gingen verloren. Und wenn man wie am letzten Samstag 4:0 gegen den EVZ führt und doch noch verliert, dann ist das der Moral nicht zuträglich. Trainer Luca Cereda ist gefordert.

Servette

Dass es im Jahr 1 nach der überraschenden Final-Qualifikation für die Genfer nicht einfach werden dürfte, diese zu bestätigen, war klar. Ein derartiger Absturz wurde dann aber doch nicht erwartet. Mit einem Trainerwechsel hat die Vereinsleitung darauf reagiert. Und sah sich bislang bestätigt, dass dieser Schritt richtig war. Unter Patrick Emonds Nachfolger Jan Cadieux konnten die beiden letzten Spiele gewonnen werden.

SCL Tigers

Die SCL Tigers verfügen über Topausländer, Jesper Olofsson, Alexandre Grenier und Harri Pesonen befinden sich allesamt in den Top 6 der Skorerliste. Doch dies allein hilft zu wenig. Die Emmentaler bekommen zu wenig Tore von ihren Schweizer Spielern und deshalb hat nur Aufsteiger Ajoie noch weniger Punkte als sie.

Ajoie

Es gab einige deftige Kanterniederlagen, aber auch einige grosse Highlights wie die Heimsiege gegen die ZSC Lions oder Davos, die in Pruntrut fast zu Volksfesten wurden. Über eine ganze Saison wird der Aufsteiger erwartungsgemäss nicht konkurrenzfähig sein, aber er setzt immer wieder mal ein Ausrufezeichen und ist eine durchaus sympathische Bereicherung für die Liga.

Die Fans von Aufsteiger Ajoie feiern die wenigen Siege fast wie Meistertitel.
Die Fans von Aufsteiger Ajoie feiern die wenigen Siege fast wie Meistertitel.
Bild: Keystone