«Koller, nie eine vo uns» Koller: «In Österreich haben Sie mich auch nicht willkommen geheissen,...»

pat

3.8.2018

In der Person von Marcel Koller konnte der FCB seinen Wunschkandidaten verpflichten. Als Ur-Zürcher muss er sich den Respekt der eingefleischten Fans aber erst verdienen. Christian Gross und Urs Fischer haben gezeigt, dass das in Basel möglich ist.

Kurze Zeit nach der Verpflichtung von Marcel Koller kursierte im Netz ein Foto: «Koller, nie eine vo uns»! Viele Medien berichteten darüber, ohne zu realisieren, dass es sich dabei nur um eine Fotomontage handelte. Sie schrieben, dass sich einige Basler Fans erneut gegen einen Zürcher Trainer stellten. Denn Urs Fischer wurde im Juli 2015 tatsächlich mit einem solchen Plakat empfangen: «Fischer, nie eine vo uns».

Gestern kursierte ein Fake-Bild im Internet.
Gestern kursierte ein Fake-Bild im Internet.
Bild: Twitter

Zwei Jahre später wird der FCZ-Rekordspieler in Basel dann herzlich verabschiedet. Zweimal holte Fischer mit dem FCB jeweils vorzeitig die Meisterschaft, in seiner zweiten und letzten Saison sogar mit 86 Punkten, Rekord. Und er verabschiedet sich mit dem Double, als erstes Team schlägt der FCB im Cupfinal Sion. Die Fans hieven im Stadion ein Transparent, darauf steht: «Fischer, eine vo uns»! Dennoch wird er entlassen, er wird zum Opfer der neuen Führung um Marco Streller und Bernhard Burgener und der damit einhergehenden Philosophie.

Auch als Christian Gross 1999 Trainer des FCB wurde, wehte dem Zürcher zu Beginn ein rauer Wind entgegen. In der dritten Saison verliert er das Startspiel in Sion mit 1:8. Die «Basler Zeitung» schreibt den Coach ab: «Christian Gross, sind Sie noch im richtigen Beruf?» Gross darf bleiben und er beweist allen, dass er noch im richtigen Beruf ist: Er holt mit dem FCB den ersten Titel seit 22 Jahren und auch im Cup triumphiert Rot-Blau. Nach zehn Jahren verlässt Gross den FCB mit je vier Meistertiteln und vier Cupsiegen im Gepäck. In der Muttenzerkurve hängt zu seinem Abschied ein Transparent: «Danke für das GROSSartige Jahrzehnt».

Mit Marcel Koller soll es wieder ein Zürcher richten

Auf Koller wartet viel Arbeit, er muss den in den letzten Jahren erfolgsverwöhnten FCB wieder in die Spur führen. Auf seine Zürcher Wurzeln angesprochen meint er: «Bis jetzt fühle ich mich sehr gut hier in Basel. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich hier anders empfangen wurde.» Und er erinnert sich an seine Zeit als Nationaltrainer von Österreich: «Ich bin dort auch nicht willkommen geheissen worden und ich glaube, am Schluss haben sie mich geliebt. Ob das hier auch der Fall sein wird, das kann ich nicht sagen. Aber ich versuche einfach, einen guten Job abzuliefern.» Was er damit meint, hat er auch schon verraten: «Natürlich wollen wir den Meisterpokal zurückholen!» Wie er das schaffen will? Mit aggressivem Pressing, Kombinationsfussball und hoher Präsenz im gegnerischen Sechzehner.

Am Samstag gegen GC (19 Uhr live auf Teleclub) steht er erstmals an der Seitenline. Ausgerechnet gegen GC, wo Koller als Spieler und Trainer grosse Erfolge gefeiert hat. 17 Jahre lang stülpte er sich das GC-Dress über, gewann sieben Mal die Meisterschaft und fünfmal den Cup. Als Trainer führte er GC in der Saison 2002/03 zum Meistertitel. Nun gilt es gegen seinen Herzensklub zu punkten. Koller relativiert aber die Erwartungen, denn er hatte ja kaum Zeit, mit der Mannschaft zu arbeiten: «Man kann jetzt keine Wunder erwarten.» Es gehe jetzt darum Informationen zu erhalten und mit den Spielern zu reden, um möglichst rasch ein Gesamtbild zu bekommen.»

Kollers Erfolge als Trainer

«Ich bin fussballverrückt. Während der WM hat es in mir gebrannt. Ich will wieder auf dem Platz stehen, ich brauche diese tägliche Arbeit, sonst habe ich Entzugserscheinungen», sagt Koller bei seiner Präsentation. Er habe in seiner Zeit als Nationaltrainer Österreichs nicht verlernt, wie man einen Klub führe.

Koller führte St. Gallen und GC zum Meistertitel, stieg mit Bochum in die Bundesliga auf und schaffte mit Österreich die EM-Qualifikation. Alleine diese Erfolge machen ihn schon zu einer Respektsperson. Dass nicht alles zu Gold wird, was Koller anfässt, zeigte sich in Köln. Mit den Geissböcken stieg in der Saison 2003/2004 in die 2. Bundesliga ab. In seiner Biografie «Die Kunst des Siegens», die er nach der sensationellen EM-Quali mit Österreich gemeinsam mit Autor Hubert Patterrer verfasst hatte, steht: «Es war eine wichtige Station, an der ich mich in der Rückschau nicht vorbeischwindeln möchte. Ich habe aus diesem schwierigen Jahr für meine spätere Arbeit sehr viel mitgenommen.»

In Köln erinnern sich manche vielleicht trotzdem gerne an Koller, denn er war es, der den damals 17-jährigen Lukas Podolski aus dem Nachwuchs in die erste Mannschaft geholt hatte.  In Basel hoffen sie, dass er ein ähnlich glückliches Händchen hat. Denn junge Spieler zu etablieren, das ist neben sportlichen Erfolgen, eines der grossen Ziele.

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