Zwar kassierte Servette am Samstagabend gegen Basel die erste Saisonniederlage, doch mit der offensiven Spielausrichtung sind die Romands eine tolle Attraktion in der heimischen Liga.
Auch im St.Jakob-Park versteckte sich Servette nicht. Trotz frühen Rückstand bewiesen die Grenats Moral und erzielten den verdienten Ausgleich. Danach verpassten sie die Führung gegen die Basler fahrlässig, kurz vor der Pause wurden sie dafür bestraft. Am Ende gibt es ein 1:3, die erste Saisonpleite war Tatsache. Trainer Alain Geiger war trotzdem stolz auf sein Team: «Leider gab es heute keinen Punkt. Wir zeigten dennoch ein gutes Spiel, waren aber ein wenig zu naiv. Die Effizienz fehlt, die Chancen für ein zweites Tor waren da.»
Obwohl Servette nach vier Spielen fünf Punkte aufweist und aktuell Tabellendritter sind, haben sie mit 3:4 ein negatives Torverhältnis. Die mangelnde Kaltblütigkeit beschäftigt auch Geiger: «Es ist eine Sache von Biss, Kraft und Mentalität. Der Unterschied ist gross im Vergleich zur Challenge League. Wir müssen solche Spiele akzeptieren und müssen daraus lernen. Wir können nur besser werden.»
Dabei halten sich die Genfer bereits überraschend gut in der Liga. Das Team spielt mutig nach vorne, presst die Gegner früh und zeigt teilweise tolle Kombinationen. Mit der erfrischenden Spielweise hebt sich der Aufsteiger ab in der Liga: Kein Geknorze oder ängstliches Abwarten wie bei manch anderem Vertreter, sondern schwungvolles und lustvolles Spiel. Und dabei steht kein Einzelspieler im Vordergrund, sondern die ganze Mannschaft.
Die Wiedergeburt
Die offensive Taktik und das solidarische Auftreten ist natürlich ein Verdienst von Geiger. Seit knapp einem Jahr steht der 58-Jährige an der Seitenlinie. Der Walliser hatte sich zuvor nach der Entlassung seines Vorgängers auf die Stelle beworben, aber nie eine Antwort erhalten. Drei Monate später fragte er nach – und eine Woche später hatte Geiger den Job. Dabei war sein Leistungsausweis als Trainer – ganz im Gegensatz zu seiner Spielerkarriere – doch ziemlich bescheiden: Insgesamt zwölf Vereine betreute er, die meisten davon in Afrika, nirgendwo blieb er länger als ein Jahr. Vor Servette war er gar eineinhalb Jahre arbeitslos.
Doch in der zweitgrösste Schweizer Stadt scheint Geiger nun endlich sein Glück gefunden zu haben. Der Klub ist nach fast 15 Jahren Chaos (2005 wurde über Servette der Konkurs verhängt, 2011 kam es zur Zwangsrelegation) und nur zwei Saisons in der Super League endlich wieder im stabilem Fahrwasser. Der Genfer Unternehmers Didier Fischer hat den Traditionsverein als umsichtiger Präsident neu belebt und man kennt dank breiter lokaler Unterstützung keine finanziellen Sorgen mehr. Mit der Personalie Geiger scheint er ebenfalls einen Treffer gelandet zu haben.
Servette will mit dem neuen Elan an erfolgreiche Zeiten anknüpfen: 17 Meistertitel und 7 Cup-Siege stehen im Trophäenschrank. Viele Schweizer Nationalspieler wie etwa Lucien Favre, Heinz Hermann, Patrick Müller, Kubilay Türkyilmaz oder Alex Frei spielten hier. Aktuell sind mit François Moubandje, Denis Zakaria und Kevin Mbabu drei Spieler aus der Servette-Schule in der Landesauswahl. Auch Stars wie Sonny Anderson, Martin Petrov und Karl-Heinz Rummenigge liefen schon im legendären weinroten Trikot auf.
Doch heuer sollen keine ausländischen Exporte die Basis bilden, sondern einheimische Talente. Der Ausländeranteil liegt in Genf bei 40 Prozent. Die grössten Zuwanderergruppen in Genf sind diejenigen aus Südwesteuropa, aus Spanien und Portugal, dazu kommen Migranten aus anderen Kontinenten, wovon viele ihre Wurzeln in Afrika haben. Ein guter Nährboden für kommende Fussballstars. Und im Gegensatz zu früher will man die Rohdiamanten nicht gleich wieder abgeben und so ständig einen sportlichen Aderlass erleben. So könnte vielleicht bald Spieler wie Kevin Bua, der gestern für Basel den letzten Treffer ezielte, anstatt für den Gegner wieder für Servette skoren.