Statistik zeigt Drei von vier Teams stehen dank viel Glück in den Halbfinals

Von Sandro Zappella

13.12.2022

Marokko steht dank Teamgeist und der richtigen Portion Glück im WM-Halbfinal.
Marokko steht dank Teamgeist und der richtigen Portion Glück im WM-Halbfinal.
Keystone

Die Expected Goals sind eine Metrik, die sich längst im Fussball etabliert hat. Wir werfen einen Blick auf die vier Halbfinalisten und stellen fest: Die erwartbaren Tore sprechen – mit einer Ausnahme – nicht für sie.

Von Sandro Zappella

Geht es nach der bisherigen Leistung, wird Argentinien Weltmeister. Zumindest, wenn man sich an die erwartbaren Tore hält, sind die Südamerikaner grosser Favorit auf den Titel. Sie haben in all ihren fünf Spielen mehr Expected Goals erspielt, als der Gegner. 

Expected Goals

  • Als Expected Goal (xG) bezeichnet man eine Zahl, die statistisch aufzeigen soll, wie sehr man erwarten kann, dass ein Torabschluss im Tor landet. 
  • Jeder Schuss wird mit einer Zahl zwischen 0.00 und 1.00 definiert. Je grösser die Chance, desto höher die Zahl.  
  • Wie hoch der xG-Wert eines Schusses ist, hängt von diversen Parametern wie Distanz, Winkel zum Tor oder Bedrängnis ab.
  • Als Richtwert: Elfmeter haben einen xG-Wert von zirka 0.75. Man geht also davon aus, dass drei von vier Penaltys im Tor landen.
  • Kumuliert man alle Abschlüsse einer Mannschaft, erhält man über die gesamte Partie gesehen einen xG-Wert des Teams. 
  • Die Bezeichnung Expected Goals Against (xGA) ist dasselbe wie die xG, nur auf Gegentore bezogen.
  • Es gibt verschiedene Anbieter von xG-Werten. Die Daten für diese Analysen stammen von «The xG Philosophy».

Dass es auch ohne Chancenplus geht, zeigt Marokko. Die Afrikaner waren bisher in all ihren fünf Spielen unterlegen – dennoch sind sie noch ungeschlagen und haben erst ein Gegentor (ein Eigentor) kassiert. Eher überraschend ist, dass auch Titelverteidiger Frankreich bisher erst bei zwei Partien gemäss den Expected Goals überlegen war. Genau die gleiche Quote hat Kroatien, Frankreichs Finalgegner der WM 2018.

Überhaupt sind die Viertelfinals eher überraschend verlaufen, wenn man die Chancenverteilung betrachtet. So sind nämlich drei Teams weitergekommen, die auf weniger xG gekommen sind, als ihre Gegner. Argentinien, das gegen Holland klar überlegen war, konnte sich zudem erst im Elfmeterschiessen durchsetzen. 

Die Halbfinalisten

🇦🇷 Argentinien

Mit Ausnahme des erknorzten 2:0-Sieges gegen Mexiko zeigte sich Argentinien bisher in allen Partien sehr abschlussfreudig und kommt in fünf Spielen auf über 10 erwartbare Tore. Beeindruckend ist vor allem auch die Defensive, die bisher bloss 1.94 xGA zugelassen hat.

Gruppenphase:

Argentinien – Saudi-Arabien 1:2
xG Argentinien 2.27 – xG Saudi-Arabien 0.14

Argentinien – Mexiko 2:0
xG Argentinien 0.29 – xG Mexiko 0.22

Argentinien – Polen 2:0
xG Argentinien 3.83 – xG Polen 0.31

Achtelfinal:

Argentinien – Australien 2:1
xG Argentinien 1.77 – xG Australien 0.52

Viertelfinal:

Niederlande - Argentinien 2:2 (3:4 n.P.)
xG Niederlande 0.75 – xG Argentinien 1.96

Die bisherige xG-Differenz:
An der WM kommt Argentinien bisher auf eine xG-Differenz (xG minus xGA) von 7.80.

🇭🇷 Kroatien

8.36 Tore hätte Kroatien an dieser WM bereits erhalten müssen – das sagt uns die Statistik. Tatsächlich sind es aber bloss drei Gegentore, welche Dominik Livakovic bisher erhalten hat. Offensiv hat Kroatien ziemlich genau den Output, der ihren Chancen gerecht wird. 6 Tore haben die Kroaten bei 6.58 xG geschossen. 

Gruppenphase:

Kroatien – Marokko 0:0
xG Kroatien 0.68 – xG Marokko 0.32

Kroatien – Kanada 4:1
xG Kroatien 3.16 – xG Kanada 0.51

Kroatien – Belgien 0:0
xG Kroatien 0.81 – xG Belgien 3.29

Achtelfinal:

Kroatien – Japan 1:1 (3:1 n.P.)
xG Kroatien 1.25 – xG Japan 1.52

Viertelfinal:

Kroatien – Brasilien 1:1 (4:2 n.P.)
xG Kroatien 0.68 – xG Brasilien 2.72

Die bisherige xG-Differenz: An der WM kommt Kroatien bisher auf eine xG-Differenz (xG minus xGA) von -1.07.

🇫🇷 Frankreich

Die ersten beiden Spiele dominierte Frankreich noch deutlich und kam zu einem Verhältnis von 6.78 xG zu 1.36 xGA. Seither war Frankreich bezüglich Torchancen in drei Spielen, darunter im Achtelfinal gegen Polen und im Viertelfinal gegen England unterlegen. 

Gruppenphase:

Frankreich – Australien 4:1
xG Frankreich 4.20 – xG Australien 0.59

Frankreich – Dänemark 2:1
xG Frankreich 2.58 – xG Dänemark 0.77

Frankreich – Tunesien 0:1
xG Frankreich 0.5 – xG Tunesien 0.69

Achtelfinal:

Frankreich – Polen 3:1
xG Frankreich 1.22 – xG Polen 1.81

Viertelfinal:

Frankreich - England 2:1
xG Frankreich 1.32 – xG England 2.59

Die bisherige xG-Differenz: An der WM kommt Frankreich bisher auf eine xG-Differenz (xG minus xGA) von 3.37.

🇲🇦 Marokko

In der Gruppenphase erspielte sich bloss Gastgeber Katar weniger Torchancen als Marokko (xG von 1.35). Doch die Defensiv-Künstler aus Nordafrika schafften es in bisher allen Partien, das Spiel ziemlich ausgeglichen zu halten. Sowohl im Achtelfinal gegen Spanien, als auch im Viertelfinal gegen Portugal war man bezüglich Chancen nur knapp unterlegen.

Neben der starken Defensive ist auch Torhüter Bono ein Hauptgrund für das gute Abschneiden. Denn Marokko hätte trotz leidenschaftlichem Verteidigen bereits 4.87 Gegentore erhalten müssen. Tatsächlich musste Bono aber erst einmal hinter sich greifen – nach einem Eigentor von Nayef Aguerd. 

Gruppenphase:

Marokko – Kroatien 0:0
xG Marokko 0.32 – Kroatien 0.68

Marokko – Belgien 2:0
xG Marokko 0.56 – xG Belgien 0.99

Marokko – Kanada 2:1
xG Marokko 0.47 – xG Kanada 1.10

Achtelfinal:

Marokko – Spanien 0:0 (3:0 n.P.)
xG Marokko 0.35 – xG Spanien 0.61

Viertelfinal:

Marokko - Portugal 1:0 
xG Marokko 1.43 – xG Portugal 1.49

Die bisherige xG-Differenz: An der WM kommt Marokko bisher auf eine xG-Differenz (xG minus xGA) von -1.74.

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