FIFA unter Beschuss «Ein beispielloser Vorgang in der WM-Geschichte»

Von Luca Betschart

22.11.2022

DFB kritisiert FIFA: «Zensur» und «Machtdemonstration»

DFB kritisiert FIFA: «Zensur» und «Machtdemonstration»

Die Spitze des Deutschen Fussball-Bundes hat das FIFA-Verbot für die «One Love»-Kapitänsbinde von Manuel Neuer scharf kritisiert. «Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der FIFA», sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Montag im Teamquartier in Norden Katars.

22.11.2022

Das Verbot der FIFA für die «One-Love»-Captainbinde an der WM wirft hohe Wellen. Der DFB kritisiert den Fussball-Weltverband scharf, im EU-Parlament wird Gianni Infantino gar zum Rücktritt aufgefordert.

Von Luca Betschart

22.11.2022

Der eskalierte Streit um die Captainbinde mehrerer WM-Teilnehmer reicht weit über Katars Grenzen und wird gar in höchsten politischen Kreisen thematisiert. Bei einer Debatte im Europaparlament am Montagabend trägt die Abgeordnete Manon Aubry während ihrer Rede eine «One-Love»-Binde, die liberale Politikerin Katalin Cseh spricht von der «WM der Schande» und der Däne Niels Fuglsang fordert FIFA-Präsident Infantino gar zum Rücktritt auf.

SFV-Arnold: «Es ist bedauerlich»

Der Schweizer Verband zeigt sich enttäuscht. «Es ist bedauerlich. Wir wollten wirklich eine positive Message verbreiten, die keinen politischen Inhalt hat. Dass wir das nun nicht können, finden wir sehr schade», sagt SFV-Medienchef Adrian Arnold und kritisiert auch, dass die FIFA das Verbot erst so kurz vor Turnierbeginn ausspricht.

SFV-Medienchef Arnold über «One-Love»-Aus: «Es ist bedauerlich»

SFV-Medienchef Arnold über «One-Love»-Aus: «Es ist bedauerlich»

Die europäischen Verbände, die geplant hatten, ihren Captain bei der WM in Katar mit einer One-Love-Captainbinde aufs Feld zu schicken, verzichten nun darauf. SFV-Medienchef Adrian Arnold gibt Auskunft über den Entscheid.

21.11.2022

Die Kampagne wurde bereits im September angekündigt. Nebst der Schweiz wollten Frankreich, Deutschland, England, die Niederlande, Belgien, Wales, Dänemark sowie Norwegen und Schweden, die beide nicht für die WM qualifiziert sind, ein Zeichen gegen Homophobie und Rassismus und für Menschen- und Frauenrechte setzen.

«Eine Machtdemonstration der FIFA»

Der Deutsche Fussball-Verband reagiert mit scharfer Kritik auf das Verbot. «Die FIFA hat heute eine Aussage für Diversität und Menschenrechte untersagt. Das sind Werte, zu denen sie sich in ihren eigenen Statuten verpflichtet. Das ist aus unserer Sicht mehr als frustrierend und auch ein beispielloser Vorgang in der WM-Geschichte, wie ich finde», wählt DFB-Präsident Bernd Neuendorf klare Worte. «Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der FIFA.»

Der Weltverband habe im letzten Moment mit sportlichen Konsequenzen gedroht. «Wenige Stunden bevor Harry Kane, Virgil van Dijk und Gareth Bale den Platz betreten. Das ist, glaube ich, schon ein sehr bemerkenswerter Vorgang», so Neuendorf. «Wir wollen nicht, dass der Konflikt, über den wir hier sprechen und den wir zweifellos haben mit der FIFA, auf dem Rücken der Spieler ausgetragen wird.»

Auch Belgiens Ausweichtrikot verboten

Englands Harry Kane, Hollands Virgil van Dijk und Wales-Captain Gareth Bale liefen am Montag schliesslich alle ohne die «One-Love»-Binde auf. Auch die Schweiz und die restlichen europäischen Captains werden sich dem Verbot beugen.

Für Belgien ist damit aber nicht genug. Weil sich die FIFA an einem an der Innenseite angebrachten Schriftzug «Love» stört, muss Belgien sein Ausweichtrikot anpassen. «Es ist traurig, aber die FIFA lässt uns keine Wahl», gibt Verbandspräsident Peter Bossaert zu Protokoll. Mehr dazu erfährst du in unserem WM-Ticker.

Gianni Infantino wird von einem dänischen Politiker zum Rücktritt aufgefordert.
Gianni Infantino wird von einem dänischen Politiker zum Rücktritt aufgefordert.
Bild: Keystone