Nur der Sieg zählt Wo Deschamps ist, ist meist auch Erfolg – So tickt der Frankreich-Coach

dpa

13.7.2018

Didier Deschamps hat die Franzosen in den WM-Final geführt.
Didier Deschamps hat die Franzosen in den WM-Final geführt.
Bild: Getty Images

Ordnung, Kontrolle, ein Ziel: Erfolg. Didier Deschamps hat klare Vorstellungen. Damit hat er die Équipe Tricolore reformiert und ins Finale der WM geführt. Gewinnt er es, steigt er in einen erlesenen Kreis derer auf, die als Spieler und Trainer Weltmeister wurden.

Didier Deschamps hat das, wonach sich seine Spieler mehr als nach allem anderem sehnen. «Der Trainer hat schon einen Stern», sagt Paul Pogba im WM-Camp der französischen Fussball-Nationalmannschaft.

Der Stern, das ist der WM-Titel, den Deschamps vor 20 Jahren gewann. Als Kapitän der Équipe Tricolore. Deschamps nahm die Trophäe am 12. Juli 1998 im Stade de France als Erster entgegen. «Er war ein grosser Spieler, ein Anführer», betont Pogba. 20 Jahre und drei Tage später kann sich Deschamps am Sonntag auch zum Weltmeister-Trainer küren und damit zu Franz Beckenbauer und dem Brasilianer Mario Zagallo aufschliessen.

Der 49 Jahre alte ehemalige Profi zählt zur bisher erfolgreichsten Fussball-Generation der Grande Nation, zwei Jahre nach der WM- gewann er auch noch den EM-Titel. Und auch als Trainer hat er schon jetzt einiges mehr erreicht als jeder seiner Vorgänger. Deschamps ist der Rekordcoach, das 83. Spiel am Sonntag im Moskauer Luschniki-Stadion gegen Dalics Kroaten wird sein wichtigstes.

1998: Captain Didier Deschamps wird von Michel Platini geherzt, ehe er den WM-Pokal in die Höhe stemmen darf.
1998: Captain Didier Deschamps wird von Michel Platini geherzt, ehe er den WM-Pokal in die Höhe stemmen darf.
Bild: Getty Images

Deschamps: «Ich habe Fussball nie des Spiels wegen gespielt. Immer des Gewinnens wegen!»

Zwei Endspiele in zwei Jahren – keinem Frankreich-Trainer vor ihm gelang das. Und doch bliebe es nur ein statistischer Vermerk, wenn auch dieses Finale wie bei der Heim-Europameisterschaft 2016 gegen Portugal mit einer Niederlage endet. «Ich habe Fussball nie des Spiels wegen gespielt. Immer des Gewinnens wegen», lautet ein Credo des gebürtigen Basken. Schönspielen ist nicht das oberste Gebot.

Deschamps, der Pragmatiker. Keiner, der Sperenzien macht, keiner der Sperenzien seiner Spieler gern sieht. Über allem stehen die Gruppe und deren Erfolg. «Wir haben einen Leitgedanken, jeder in der Gruppe weiss, was er zu tun hat», sagte Innenverteidiger Raphaël Varane.

Seit 2012 ist Deschamps im Amt. Er übernahm die Mannschaft von seinem WM- und EM-Kompagnon Laurent Blanc. Der hatte nur zwei Jahre geschafft, nachdem er wiederum Raymond Domemech auf dem Tiefpunkt der Équipe Tricolore mit der skandalösen Spielerrevolte bei der WM 2010 in Südafrika abgelöst hatte.

Es geht immer ums Team

Unter Deschamps sind Undiszipliniertheiten erst recht unerwünscht. Zuwiderhandlungen sind Deschamps zuwider. Dass der hoch talenierte Ousmane Dembelé sich vor einem Jahr aus Dortmund weg streikte – inakzeptabel. «Das ist ein Benehmen, das sich nicht gehört. Punkt», sagte Deschamps jüngst in einem Interview der «Sport Bild».

Auch im Fall von Karim Benzema blieb der «General» konsequent. Der Stürmer von Real Madrid wurde nach einem Skandal um die Verwicklung in die Erpressungsaffäre gegen denen früheren Auswahlkollegen Mathieu Valbuena schon nicht für die EM daheim nominiert. Auch bei der WM ist der einst als Nachfolger von Zinédine Zidane gehandelte Benzema nicht dabei. Warum? «Ich wusste, dass man mir diese Frage stellen wird: Für mich steht die Gruppe über allem. Ich treffe die Entscheidungen zum besten Wohl der Mannschaft», betonte Deschamps vor dem Start der WM, für die das Halbfinale als Ziel ausgegeben wurde.

Wo Deschamps ist, ist meist auch Erfolg

Jetzt steht die Mannschaft im Endspiel. Deschamps hat seine Kritiker erstmal ruhig gestellt und die Spekulationen um eine Ablösung im Misserfolgsfall durch den derzeit arbeitslose Zidane vorerst beendet. Sein Vertrag gilt bis zur EM 2020. Verbandschef Noël Le Graët hatte ihm ohnehin eine Jobgarantie ausgetellt.

Die Spieler loben seinen Umgang mit ihnen, es wird viel geredet. Er lässt seinen Profis auch mehr Freiraum als 2016. Damals durfte Exzentriker Pogba nicht auf eine einzige Pressekonferenz. In Russland unterhielt der Spassvogel der Truppe die Berichterstatter bereits zweimal im WM-Quartier.

Aber nicht nur, wenn Pogba redet, schwingt Respekt mit. Denn wo Deschamps ist, ist meist auch Erfolg. Als Spieler gehörte Deschamps zur Mannschaft von Olympique Marseille, die 1993 die europäische Meisterklasse gewann – bis heute der einzige Erfolg eines französischen Vereins auf der höchsten kontinentalen Vereinsebene.

Mit Juventus Turin gewann Deschamps drei Jahre später erneut die Champions League. Mit dem italienischen Rekordmeister stieg er 2007 in die Serie A nach dem Zwangsabstieg der Turiner auf. «Ein grossartiger Trainer», lobte ihn der ehemalige Mitspieler und Weltmeister Gianluigi Buffon jüngst.

Zurück zur Startseite