Die Bundesanwaltschaft hat auf die Entscheidung des Bundesstrafgerichts reagiert, Bundesanwalt Michael Lauber in den Ausstand zu versetzen. Die Untersuchung des «Fussballkomplexes» werde ab sofort ausschliesslich durch den Stellvertretenden Bundesanwalt wahrgenommen.
Nach einer vorläufigen Analyse der Beschlüsse des Bundesstrafgerichts in Bellinzona seien erste Massnahmen ergriffen worden, heisst es in einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft (BA) vom Mittwoch weiter. Lauber werde ab sofort an keinen Sitzungen mehr teilnehmen, die den «Fussballkomplex» betreffen. Der Stellvertretende Bundesanwalt Jacques Rayroud trete an seine Stelle.
Am Dienstag hatte das Bundesstrafgericht entschieden, dass Laubers Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino den Verfahrensregeln widersprechen. An das Bundesstrafgericht gewandt hatte sich ein Beschuldigter im Rahmen des Verfahrenskomplexes.
Der Beschwerdeführer hatte Anstoss an den informellen Treffen von Lauber mit Fifa-Chef Infantino genommen, durch die der Bundesanwalt auch politisch unter Druck gekommen ist.
Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts unterstrich am Dienstag denn auch, dass die an den Verfahren beteiligten Parteien keine Kenntnis von diesen Treffen bekommen hätten, wenn nicht Medien darüber berichtet hätten. Und da es keinerlei Gesprächsnotizen gebe, entziehe sich der Inhalt der Treffen jeglicher Kontrolle.
25 Verfahren
Die Ermittlungen drehen sich um Korruption und wurden auf eine Anzeige der Fifa hin aufgenommen. Inzwischen ist der Komplex auf rund 25 Verfahren angewachsen.
In den Ausstand treten müssen Lauber, der ehemalige Abteilungsleiter Wirtschaftskriminalität der Bundesanwaltschaft und ein dritter Ermittler. Der Entscheid kann nicht angefochten werden und ist rechtskräftig.
Als weitere Massnahmen in Reaktion auf das Bundesstrafgericht nennt die Bundesanwaltschaft, dass die Strafverfahren im Fussballkomplex einem nicht vom Ausstand betroffenen Staatsanwalt zugeteilt würden. Zudem prüfe die Task Force zurzeit, welche Konsequenzen die Beschlüsse auf die Verfahrenshandlungen haben, die «vom nicht mehr für die BA arbeitenden Abteilungsleiter» vorgenommen worden seien.
Die Task Force analysiere weiteren allfälligen Handlungsbedarf in den betroffenen Strafverfahren. Der überwiegende Teil der hängigen Verfahren werde allerdings plangemäss weitergeführt.
Die Aufsichtskommission über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) hatte im Zusammenhang mit Laubers Treffen mit Infantino eine Disziplinaruntersuchung gegen Lauber eröffnet. Lauber seinerseits reichte eine Aufsichtseingabe gegen die Aufsichtsbehörde bei den Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) von National- und Ständerat ein.
Vor dem Hintergrund der Disziplinaruntersuchung stellte die Gerichtskommission der Bundesversammlung für die ursprünglich am (heutigen) Mittwoch geplante Wiederwahl Laubers noch keinen Wahlantrag. Die Wahl findet nun voraussichtlich in der Herbstsession statt – denn: Lauber will nach wie vor für eine weitere Amtszeit kandidieren.