Premier League Das Ende der Sehnsucht: Liverpool steht Kopf – Tränen der Freude bei Jürgen Klopp

Von Tobias Benz

26.6.2020

30 Jahre, zwei Monate und einen Tag ist es her, seit sich Liverpool das letzte Mal zum englischen Meister krönte. Zur Erinnerung: Nur 170 Tage davor fiel die Berliner Mauer. Nun ist es endlich wieder so weit.

Ein 2:1-Sieg über die Queens Park Rangers reichte den «Reds» am 28. April 1990, um zwei Spieltage vor Schluss jegliche Zweifel im englischen Titelrennen zu begraben. Nicht, dass es zu der Zeit viele Zweifel gegeben hätte. In den zehn Spielzeiten zuvor hatte die Mannschaft aus Liverpool dasselbe Kunststück sechsmal vollbracht.

Hätte man 1990 einem Engländer erzählt, die «Reds» würden zuerst die Etablierung des Internets, zwei Golfkriege, fünf US-Präsidenten und 13 Meistertitel von Manchester United abwarten müssen, bis sie sich wieder Englischer Meister nennen dürften, er hätte einen für verrückt erklärt.


Was alles geschah, seit Liverpool zum letzten Mal Meister wurde

- Nelson Mandela wird nach 27 Jahren aus dem Gefängnis entlassen (1990).
- Der zweite Golfkrieg beginnt (1991).
- Bill Clinton wird Präsident der Vereinigten Staaten (1992).
- Michael Jordan führt Chicago zur dritten Meisterschaft in Folge (1993).
- Prinzessin Diana stirbt bei einem Autounfall (1997).
- George W. Bush wird Präsident der Vereinigten Staaten (2000).
- Terroranschlag auf das World Trade Center (2001).
- Der FC Basel wird zum ersten Mal seit 22 Jahren Schweizer Meister (2002).
- Der dritte Golfkrieg beginnt (2003).
- Ein Tsunami im Indischen Ozean tötet fast eine Viertelmillion Menschen (2004).
- Hurricane Kathrina wüstet in den USA (2005).
- Barack Obama wird Präsident der Vereinigten Staaten (2008).
- Mit Michael Jackson verstirbt eine der grössten Legenden der Musikgeschichte (2009).
- Osama bin Laden wird getötet (2011).
- Annexion der Krim durch Russland (2014).
- YB wir nach 32 Jahren Schweizer Meiter (2018).
- Die Corona-Krise legt die Welt lahm (2020).

So reagiert Jürgen Klopp 😭


Vor Klopp scheiterten sie alle

Zu sagen, der FC Liverpool sei in den letzten 30 Jahren von der Bildfläche verschwunden, wäre kompletter Blödsinn. Seit der Saison 1989/90 gewannen die «Reds» zweimal die Champions League, dreimal den FA Cup und den UEFA Supercup, viermal den Ligapokal, einmal den UEFA Cup und sie krönten sich zum FIFA Klub-Weltmeister. Aber was ihnen in diesen durchaus erfolgreichen Jahren niemals gelingen wollte, war gleichzeitig mit Abstand das Wichtigste: die englische Meisterschaft.

Nicht, dass sie nie nahe dran gewesen wären. Bereits in der Saison 1990/91 fehlte nicht viel zur Titelverteidigung. Nach einer starken Saison musste die Meisterkrone aber an den FC Arsenal abgetreten werden. Dann begann die grosse Durststrecke. Während zehn Jahren hatten die «Reds» im englischen Meisterrennen nicht mehr viel zu sagen, bis sie unter Gerrard Houllier 2002 erneut knapp am FC Arsenal scheiterten.

Selbst unter Rafael Benitez, der mit Liverpool 2005 die Champions League gewann, reichte es nicht für den Titel. Obwohl alles danach aussah, als ob der Traditionsklub 2009 den 19. Meistertitel einfahren würde, verspielten die durch Vereinslegende Steven Gerrard und Torgarant Fernando Torres angetriebenen «Reds» den langersehnten Erfolg auf der Zielgerade doch noch.

Auch Luis Suarez und Daniel Sturridge konnten den LFC unter Brendan Rodgers 2013 nicht zum Titel führen. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Manchester City zog der einstige Rekordmeister kurz vor Schluss den Kürzeren.

Passen einfach zusammen: Jürgen Klopp und der FC Liverpool.
Passen einfach zusammen: Jürgen Klopp und der FC Liverpool.
Bild: Getty

Und dann kam Jürgen Klopp

Vor einem Jahr standen die Zeichen erneut sehr gut. Unter Jürgen Klopp erreichte der FC Liverpool die vereinsinterne Rekordmarke von 97 Punkten. Aber obwohl in derselben Saison die Champions League und kurz darauf etliche weitere Titel den Weg an die Anfield Road fanden, kam ihnen die englische Meisterschaft erneut abhanden. Einen Punkt trennte die «Reds» am Ende von Ligakrösus Manchester City.

Der deutsche Trainer, der die Mannschaft in den Jahren zuvor zu einer der besten der Welt geformt hatte, liess sich aber durch diesen Dämpfer nicht beirren. In der Folge ging Liverpool in 27 von 29 Ligaspielen als Sieger vom Platz und war der Meisterschaft im März bereits zum Greifen nah. Doch erneut drohte ihnen der Pokal aus den Händen zu gleiten. Dieses Mal war es die Corona-Krise, die den englischen Fussballverband beinahe zu einem Saisonabbruch zwang.

Lange herrschte Ungewissheit, wie es mit dem Fussball in England und den Liverpooler Titelhoffnungen weitergehen sollte. Dann, vor gut einem Monat, gab die englische Regierung grünes Licht für den Wiederbeginn der Premier League und ebnete den «Reds» damit den Weg zum so lange ersehnten 19. Titel.

Nun, dank des 4:0-Erfolgs über Crystal Palace am Mittwoch und der darauffolgenden Niederlage von Manchester City beim FC Chelsea ist es endlich so weit. Der FC Liverpool ist englischer Meister. Klopp hat in viereinhalb Jahren das vollbracht, wonach sich der Klub seit 30 Jahren sehnte. Und wie in den letzten Wochen im Titelrennen, wird es nun auch beim 52-Jährigen nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie ihm im Nordwesten Englands eine Statue errichten.



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