Immer seltener werden regelwidrige Elfmeter abgepfiffen. Deswegen müssen die Regelhüter ernsthaft über eine Änderung der Penalty-Regel nachdenken. Ein Kommentar.
Es läuft die 6. Minute im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League zwischen Villarreal und Valencia (1:3). Die Gäste haben einen Penalty zugesprochen bekommen, Dani Parejo tritt an – und scheitert. Villarreal-Goalie Andres Fernandez kann den Ball aber nur nach vorne abprallen, wo Gonçalo Guedes goldrichtig steht und doch noch zum 1:0 für Valencia einschiesst.
Doch der Treffer hätte niemals zählen dürfen. Denn im Regelwerk der FIFA steht: Bei der Ausführung des Elfmeters müssen sich alle Spieler (abgesehen vom Schützen und vom Torwart) ausserhalb des Strafraums befinden – mindestens 9,15 Meter vom Elfmeterpunkt entfernt. Torschütze Guedes steht im Augenblick der Ausführung schon ca. zwei Meter im Sechzehner (s. Video oben). Und er ist nicht der einzige. Als Parejo den Strafstoss ausführt, stehen nicht weniger als elf (!) Spieler im Strafraum. Das sind neun zu viel. Nimmt man den Halbkreis am Strafraum hinzu, der lediglich wegen dieser einen Regel existiert, sind es sogar elf Spieler, die gegen die Regeln verstossen.
Kurios: In der Wiederholung ist zu sehen, dass Schiedsrichter Michael Oliver unmittelbar vor der Ausführung den Spielern noch anzeigt, dass sie nicht zu früh in den Strafraum rennen sollen. Auf eine Wiederholung des Elfmeters verzichtet der britische Referee trotzdem.
Immerhin gibt es im spanischen Duell noch ausgleichende Gerechtigkeit. Denn wenig später kriegt auch Villarreal einen Penalty zugesprochen und auch bei Santi Cazorlas erfolgreichem Versuch stehen mehrere Spieler zu früh im Strafraum. Wieder schaut Oliver ganz genau hin, wieder bleibt seine Pfeife stumm. Spielentscheidend waren die ausgebliebenen Pfiffe also nicht.
Ganz anders als im Premier-League-Spiel zwischen Arsenal und Tottenham (1:1) Anfang März. Da hatte Arsenal-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang in der Nachspielzeit mit einem Penalty die grosse Chance auf den Siegtreffer. Tottenham-Verteidiger Jan Vertonghen rannte viel zu früh in den Strafraum und verhinderte beim Nachschuss mit einer spektakulären Rettungsaktion das sichere Tor von Aubameyang.
Gewiss, dass Fussballer zu früh in den Sechzehner laufen, ist alles andere als selten. Eigentlich passiert dies bei jedem Elfmeter. Und immer seltener wird die Regelwidrigkeit ernst genommen. Das wirft die Frage auf, weshalb die Regel überhaupt existiert, wenn doch in 99 Prozent aller Fälle ohnehin nicht abgepfiffen wird.
Die Regelhüter des International Football Association Boards (IFAB) müssen über eine Regeländerung nachdenken. Vor einigen Monaten stand die Diskussion über die Abschaffung des Nachschusses im Raum. «Bluewin» hat seine Leser damals gefragt, was sie davon halten würden, wenn beim Penalty kein Nachschuss mehr erlaubt wäre. Fast 2000 User stimmten ab und 72 Prozent waren tatsächlich für die Abschaffung des Nachschusses. Das IFAB hat sich (zumindest vorerst) aber gegen die Abschaffung entschieden.
Deshalb müssten die Schiedsrichter eigentlich wieder strenger werden und pfeifen, wenn sich die Spieler zu früh bewegen. Eine andere Option wäre, dass die Spieler losrennen dürfen, sobald der Schütze seinen Anlauf gestartet hat. Paul Pogba würde das natürlich nicht gefallen (s. Video unten). Aber irgendetwas muss passieren, denn es kann nicht sein, dass selbst mit dem VAR Tore zählen, die gegen die offiziellen Regeln verstossen.