Europa LeagueReif für den Coup: Drei Gründe, warum YB ins Achtelfinale einzieht
Von Patrick Lämmle
25.2.2021
Wenn Schweizer Vereine auf Bundesligisten treffen, dann müssen die hiesigen Akteure nach dem Schlusspfiff meist eine ehrenvolle Niederlage erklären. Aber bitte nicht heute Abend.
YB gewinnt das Hinspiel gegen Leverkusen vor einer Woche 4:3 und beweist dabei Moral. Zwar verspielen die Berner in der zweiten Halbzeit einen wohlverdienten 3:0-Vorsprung, am Ende gehen sie trotzdem als Sieger vom Platz. Damit hat sich YB eine verheissungsvolle Ausgangslage fürs Rückspiel (21 Uhr live auf «blue Sport») geschafft – das gilt allerdings gleichermassen für Leverkusen.
Es gibt jede Menge Statistiken, die gegen einen YB-Erfolg sprechen. Leverkusen hat seine bisherigen Europapokal-Heimspiele gegen Teams aus der Schweiz stets gewonnen. Und die Berner haben ihre letzten drei Gastspiele in Deutschland verloren. 2016/17 setzte es in der Qualifikation zur Champions League eine deftige 1:6-Klatsche bei Gladbach ab.
Doch ist es sinnvoll, sich im Fussball intensiv mit der Vergangenheit zu beschäftigen? 2016/17 waren die Berner auch noch dafür bekannt, dass sie es in wichtigen Momenten «veryoungboysen». Erst in den drei darauffolgenden Saisons tüteten die Young Boys jeweils den Meistertitel ein – und der vierte Meisterschaftserfolg in Serie ist nicht mehr weit entfernt – «geyoungboyst» eben. Und da wären wir auch schon bei den Gründen angelangt, die für ein Weiterkommen des Schweizer Meisters sprechen.
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Leverkusens Formkurve zeigt nach unten
In der Gruppenphase schoss Leverkusen 21 Treffer und verpasste den historischen Europa-League-Rekord für die meisten Tore eines Teams in der Gruppenphase (22) nur hauchdünn. Auch in der Bundesliga wusste das Team von Peter Bosz im ersten Saisondrittel zu überzeugen. Am 13. Spieltag verlor Leverkusen 1:2 gegen Bayern, der Münchener Siegtreffer fiel erst in der Nachspielzeit. Es war die erste Saisonniederlage und verhinderte, dass Leverkusen das Jahr 2020 als Tabellenerster abschloss.
Seither geht es steil nach unten. Zwischen dem 13. und 22. Spieltag gewann Leverkusen nur noch zwei von zehn Ligaspielen (5 Niederlagen, 3 Remis). Der Meistertitel ist in weite Ferne gerückt, die Qualifikation zur Champions League würde man Stand jetzt als Tabellenfünfter verpassen. Hinzu kam anfangs Februar die Peinlich-Pleite im Cup-Achtelfinal gegen Viertligist Rot-Weiss Essen.
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YB-Maschinerie läuft auf Hochtouren
Die Young Boys führen die Super League nach 21 Runden mit 18 Punkten Vorsprung auf Basel an. Das Verlieren scheinen die Berner gänzlich verlernt zu haben – nur einmal ging man in der Liga in dieser Saison als Verlierer vom Platz (am 13. Dezember gegen Servette). Zuletzt reihte das Team von Gerardo Seoane sieben Pflichtspielsiege aneinander. Im laufenden Kalenderjahr hat YB neun von zehn Pflichtspielen gewonnen, nur beim 0:0 gegen Super-League-Schlusslicht Vaduz liess man Punkte liegen. Die YB-Akteuere werden nur so vor Selbstvertrauen strotzen. Und im Gegensatz zu den Leverkusenern werden sie sicherlich nicht Gefahr laufen, den Gegner zu unterschätzen. Nutzen sie ihre Torchancen im Rückspiel genau so eiskalt aus wie im Hinspiel, liegt allemal etwas drin. YB ist Reif für den Coup.
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Heimvorteil adé
Bereits vor dem Hinspiel haben wir Gründe aufgelistet, warum YB die Hürde Leverkusen bewältigen kann. Unter anderen weil nur YB einen echten Heimvorteil geniesst (Stichwort Kunstrasen). Denn ohne Zuschauer haben Heimspiele nur noch wenig Heimspielcharakter. Das zeigte sich eindrücklich in den Achtelfinal-Hinspielen der Champions League. In sieben der acht Duelle ging die Auswärtsmannschaft als Sieger vom Platz. Wobei dies auch nur der halben Wahrheit entspricht. Denn Gladbach und Leipzig trugen ihre «Heimspiele» in der Puskás Arena in Budapest aus, Atlético Madrid empfing Chelsea in Bukarest. Leverkusen dagegen darf gegen YB im eigenen Stadion antreten.
😬
Spricht auch etwas für Leverkusen?
Leider ja. Wenn Leverkusen zur Bestform aufläuft, dann verfügen sie in ihren Reihen über mehr Qualität als die Berner. Das zeigte sich im Hinspiel über weite Strecken der zweiten Halbzeit. Stellt sich bloss die Frage, ob sie in der momentanen Situation in der Lage sind, eine solche Leistung auch über 90 Minuten abzurufen.