Wilfried Gnonto spielt sich innert kurzer Zeit in Italien in den Mittelpunkt. Der Stürmer vom FC Zürich ist nach den ersten Einsätzen mit Italiens Nationalteam plötzlich Hoffnungsträger.
Wilfried Gnonto reichen wenige Spielminuten, um auf sich aufmerksam zu machen. In der Schweiz weiss man das seit längerem, in Italien seit dem letzten Samstag. Fünf Minuten auf dem Feld, eine Beschleunigung, ein Pass vors Tor und der erste Jubel im Trikot der italienischen A-Nationalmannschaft. Am Ende steht es in Bologna gegen Deutschland 1:1 und der grosser Sieger heisst Gnonto.
Seit diesem ersten 25-minütigen Kurzauftritt für den vierfachen Weltmeister steht Gnonto in Italien im Zentrum des Interesses. Der 18-Jährige hat grundsätzliche Fragen aufgeworfen, der die Sportzeitungen dieser Tage nachgehen: Wieso gibt es so wenige junge italienische Spieler, die auf höchstem Niveau spielen? Warum musste Gnonto zuerst ins Ausland gehen, um sich durchzusetzen?
In erster Linie geht es aber in den Medien ganz konkret um den 18-jährigen Spieler vom FC Zürich, um das «Märchen von Gnonto», wie es die «Gazzetta dello Sport» nennt. Man findet auf italienischen Internetseiten den Gnonto-Song der FCZ-Fans aufgeschaltet: «S'isch dä Willy Gnonto, chli und starch...» Im Nu ist er zum Gesicht der Verjüngungskur geworden, die Nationaltrainer Roberto Mancini nach der verpassten WM-Qualifikation anstrebt.
«Er bringt, was uns gefehlt hat»
«Er spielt Fussball wie nur wenige in seinem Alter, und er ist sehr schnell. Er hat Fähigkeiten, die unsere anderen Stürmer nicht haben. Er bringt, was uns gefehlt hat», sagt Mancini, selber ein ehemaliger Angreifer, dem Gnonto ein erstes Mal vor sechs Jahren begegnete. Der 12-Jährige bat den Coach um ein Autogramm. Beide waren damals bei Inter Mailand, der eine als Junior, der andere als Trainer.
Es ist eine von vielen Anekdoten, die das fussballverrückte Italien in den letzten Tagen ausgegraben hat über den Stürmer, der in Baveno, am Ufer des Lago Maggiore geboren ist, einige Jahre nachdem seine Eltern von der Elfenbeinküste nach Italien ausgewandert waren. Sein Talent als Fussballer stellte er überall unter Beweis, bei den Junioren von Inter Mailand, in den italienischen Nachwuchs-Nationalmannschaften und vor allem beim FC Zürich.
Dass Gnonto – beim FCZ unter André Breitenreiter in der letzten Saison meistens nur der Super-Joker – so rasch zum Internationalen aufstieg, hat mit der schwierigen Situation rund um Italiens Fussball zu tun. Aber es zeigt auch wie wertvoll ein Spieler wie der FCZ-Teenager ist mit seiner Fähigkeit, Spiele im Alleingang entscheiden zu können. Seit dem Teileinsatz gegen Deutschland ist für Gnonto ein weiteres Länderspiel (beim 2:1 gegen Ungarn) dazugekommen. Auch in diesem spielte er überzeugend.
«Alles auf Gnonto»
Der Versuch von Mancini, die Euphorie um seinen neuen Hoffnungsträger etwas zu bremsen, dürfte ins Leere laufen. «Er ist noch sehr jung und sollte nicht zu sehr unter Druck gesetzt werden. Er muss langsam wachsen», wünscht sich der Trainer. Aber die Maschine, die den Aufstieg junger Spieler beschleunigt, läuft schon längst. Die für Fans massgebliche Seite «transfermarkt.de» hat eben den Wert von Gnonto von sechs auf zehn Millionen Euro erhöht und ihn damit zum wertvollsten Spieler der Super League gemacht.
Beim FC Zürich werden in den nächsten Wochen Offerten eintreffen. Die Liste der Klubs, die an Gnonto interessiert sind, ist lang. Der «Corriere dello Sport» schreibt unter dem Titel «Alles auf Gnonto» von Monza, Sassuolo, Fiorentina, Hoffenheim und Freiburg als erste Bewerber. Die Zürcher werden sich wohl schon in diesem Sommer zwischen Gnonto und dem Transfererlös entscheiden müssen: Der Vertrag des Italieners läuft 2023 aus.
Und was macht Gnonto während dieser ganzen Aufregung um seine Person? Er büffelt für die bald anstehende Matura-Prüfung und geniesst den Moment. «Bei der Nationalmannschaft zu sein ist ein Privileg und eine Ehre. Ich versuche, jede Gelegenheit zu nutzen.» Die nächste für einen Einsatz könnte er am Samstag auswärts gegen England bekommen.