Preisgeld Frauen an die Macht – wie das Tennis den Fussball vorführt

Von Tobias Benz

23.10.2019

Würden sich beim Preisgeld wohl nicht einig werden: Belinda Bencic (l.) und Gianni Infantino.
Würden sich beim Preisgeld wohl nicht einig werden: Belinda Bencic (l.) und Gianni Infantino.
Bild: Keystone

Nachdem die Frauen am Sonntag bereits das Bundeshaus übernommen haben, geht es den Männern nun auch im Sport an den Kragen. Aber leider nur im Tennis.

Das hätten sich die Appenzeller an der Landesgemeinde 1990 nicht in ihren schlimmsten Albträumen vorgestellt: Das weibliche Geschlecht gewinnt 20 zusätzliche Sitze im Nationalrat und kommt in der Grossen Kammer nun auf einen Anteil von 42 Prozent. Die göttliche Ordnung bröckelt!

Ähnliches spielt sich derzeit im Tennissport ab. Dort verdienen Frauen jetzt nicht nur gleich viel wie Männer, sondern sogar mehr. Zu verdanken ist das den Chinesen, die für die WTA-Finals eine geschicktere Vermarktungsstrategie gewählt haben und vor allem auf regionale Sponsoren aus dem asiatischen Raum setzen. Sie generieren mehr Geld, also verdienen sie auch mehr – das war bisher immer das Argument der Männer.

Dank ihres Triumphs in Moskau spielt Belinda Bencic an den WTA-Finals um das Rekord-Preisgeld von 4'725'000 Dollar.
Dank ihres Triumphs in Moskau spielt Belinda Bencic an den WTA-Finals um das Rekord-Preisgeld von 4'725'000 Dollar.
Bild: Keystone

Kein Fair Play im Fussball

Für die FIFA ist die Gleichstellung der Frau immer noch ein Schauermärchen. Das verwundert nicht, schliesslich gibt sich der «Verein» aus Zürich grösste Mühe, jegliche Art mittelalterlicher Kultur so gut es geht am Leben zu erhalten. Egal ob Korruption, Geldwäscherei oder Sklavenarbeit – der Weltverband tritt moralische Grundsätze wiederholt mit Füssen. 

Da kommt auch das Thema Gleichberechtigung nicht zu kurz. Ein Rekord-Preisgeld, das wie bei den WTA-Finals an Frauen ausgezahlt wird, ist schlicht nicht vorstellbar. Auf das Thema angesprochen, spulen die Verantwortlichen immer und immer wieder das bereits erwähnte Argument der unterschiedlichen Vermarktungsmöglichkeiten beider Geschlechter ab.

Auch Donald Trump nutzte dieses Argument, als im Sommer bekannt wurde, dass die US-Weltmeisterinnen sechsmal weniger verdienten als ihre männlichen Kollegen, die, offen gesagt, auf dem Fussballplatz keine Mondlandungen zustande bringen.

Ein Argument, das keines ist

Nun da die Zuschauerzahlen der Frauen-WM von vergangenem Sommer bekannt wurden, löst sich dieses ohnehin schon umstrittene Argument in Luft auf. Frauenfussball ist nämlich ziemlich beliebt. Wie der «Guardian» berichtet, verfolgten 1,12 Milliarden TV-Zuschauer die Spiele der Frauen in Frankreich. Das sind zwar längst noch nicht so viele wie bei den Männern, die 2018 über 3,5 Milliarden Zuschauer vor den Fernseher lockten, aber es sind nur knapp dreimal weniger.

Nationalhmyne – nein, danke! Megan Rapinoe (r.) protestiert schon seit Jahren für mehr Gleichberechtigung.
Nationalhmyne – nein, danke! Megan Rapinoe (r.) protestiert schon seit Jahren für mehr Gleichberechtigung.
Bild: Keystone

Wer sich allerdings die Unterschiede der Preisgelder anschaut, der muss kein Mathematik-Genie sein, um herauszufinden, dass die 30 Millionen Dollar der Frauen in keinem Verhältnis zu den 400 Millionen der Männer stehen.

Der Obergau: Die beiden Weltmeisterschaften werden von der FIFA zusammen in einem Paket vermarktet!

Aber wie gesagt, bei der FIFA überraschen solch himmelschreiende Ungerechtigkeiten grundsätzlich nicht. Bleibt zu hoffen, dass die neuen Frauen im Bundeshaus den Funktionären auf dem Zürichberg ordentlich einheizen.

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