Bayern München gewinnt am 15. April 1995 bei Eintracht Frankfurt mit 5:2 – und verliert dennoch 0:2. Wie das möglich ist? Trainer Giovanni Trapattoni ist ein unglaublicher Fehler unterlaufen.
Es ist der 26. Spieltag in der Bundesliga-Saison 1994/95. Bayern München, auf dem enttäuschenden 6. Platz klassiert, gastiert in Frankfurt. Die Bayern müssen gewinnen, wollen sie im Rennen um den Meistertitel bleiben. Und die Gäste spielen gross auf, drehen die Partie erst von einem 1:2 zum 3:2 und schlagen die Eintracht am Ende dank zwei später Tore mit 5:2.
Was für ein Befreiungsschlag für die Bayern, die von den letzten sieben Spielen nur eines gewinnen konnten. Aber die Sache hat einen gewaltigen Haken. Denn: Das Team von Giovanni Trapattoni hat das Spiel in der 72. Minute verloren.
Hätte Trapattoni doch besser Alain Sutter eingewechselt
Was ist passiert? Beim Stand von 3:2 nimmt Trapattoni in der 72. Minute seinen zweiten Wechsel vor. Der Defensiv-Liebhaber will die knappe Führung über die Zeit bringen, also nimmt er natürlich einen Stürmer vom Platz. Wer kommt für Marcel Witeczek ins Spiel? Trapattoni hat drei Optionen: Alain Sutter, Michael Sternkopf und Dietmar Hamann.
Der Trainer entscheidet sich für Hamann, den defensivsten der drei Spieler. Ein grosser Fehler, denn Trapattoni hat vergessen, dass Hamann der einzige Spieler ist, den er nicht einwechseln darf. Weil damals in der Bundesliga nur der Einsatz von drei Amateurspielern erlaubt ist und mit Sven Scheuer, Sami Kuffour und dem zuvor eingewechselten Marco Grimm bereits drei Spieler ohne Profivertrag auf dem Platz stehen.
Mehr als drei Amateure sind nur nach vorheriger Sondergenehmigung erlaubt. Kurios: Eine solche Genehmigung hatten sich die Bayern eine Woche zuvor gegen Kaiserslautern noch eingeholt.
Nun aber stehen vier Amateure auf dem Platz – und das bleibt natürlich nicht unbemerkt. Bayerns Pressechef Markus Hörwick erkennt den bösen Wechselpatzer, kommt aber zu spät. Als er von der Tribüne nach unten stürmt, steht Hamann bereits auf dem Platz. Eintracht-Manager Bernd Hölzenbein fragt einen Reporter: «Du, wie viele Amateure haben die Bayern denn auf dem Platz?»
«Wir haben diesmal keinen Antrag gestellt»
Das Spiel läuft noch, als der damalige DFB-Pressechef Wolfgang Niersbach das Stadion verlässt und auf dem Weg zu seinem Auto bereits Fragen zu Trapattonis Wechselfehler beantworten muss. «Der Antrag auf eine Sondergenehmigung muss vor jedem Spiel gestellt werden», stellt Niersbach klar. Ein paar Minuten später lässt Bayern-Geschäftsführer Karl Hopfner im Kabinengang verlauten: «Wir haben diesmal keinen Antrag gestellt.» Fast zeitgleich schiesst Christian Ziege das 5:2 für die Münchner.
Als eigentlich schon jeder – ausser die Akteure auf dem Platz – wissen, dass die Bayern dieses Spiel im Nachhinein verlieren werden, wird das Spiel abgepfiffen. Die Bayern-Spieler jubeln über den grandiosen 5:2-Sieg, werden dann von den Verantwortlichen aber sofort vom Platz in die Kabine geholt und kriegen die Anweisung, keine Interviews zu geben.
Um 17.45 Uhr, keine Stunde nach seinem verheerenden Wechsel, tritt Giovanni Trapattoni vor die Medien und gesteht: «Ich habe einen Fehler gemacht.» Manager Uli Hoeness ergänzt: «Es ist auch meine Schuld und die von Co-Trainer Klaus Augenthaler. Und peinlich ist es allemal.»
Schliesslich kommt es, wie es kommen muss: Die Bayern verlieren die eigentlich gewonnene Partie im Nachhinein doch noch. Das Spiel wird als 2:0-Sieg für Frankfurt gewertet.