In England wird die Wahl von Thomas Tuchel heftig diskutiert. Während der Premierminister und Prinz William zufrieden sind, sind sich die Fussball-Legenden Rio Ferdinand, Gary Neville und Gary Lineker uneinig. Uli Hoeness hält derweil nicht (mehr) viel von seinem Landsmann.
Keine Zeit? blue Sport fasst für dich zusammen
- Thomas Tuchel wird Trainer der englischen Nationalmannschaft. Der 51-jährige Deutsche übernimmt die Three Lions ab 1. Januar 2025.
- Der ehemalige Coach von Chelsea, Paris Saint-Germain, Mainz, Borussia Dortmund und Bayern München wird damit der erste Deutsche auf dem wichtigsten Trainerposten im Mutterland des Fussballs.
- Seine Ernennung wird heftig diskutiert. Das meinen Rio Ferdinand, Gary Neville, Gary Lineker, Uli Hoeness sowie Premierminister Keir Starmer und Prinz William.
Contra-Lager
Gary Lineker
Der ehemalige englische Nationalspieler Gary Lineker sieht die Verpflichtung von Thomas Tuchel als Englands Nationaltrainer mit gemischten Gefühlen. «Ich denke, dass der Trainer einer Nationalmannschaft auch aus dem Land selbst kommen sollte», kritisierte der 63-Jährige im Podcast «The Rest Is Football».
«Wenn man sich die grossen Nationen im Weltfussball anschaut: Brasilien hatte immer einen brasilianischen Trainer, Argentinien einen argentinischen. Deutschland hatte immer nur deutsche Trainer, genau wie Spanien und Italien. Warum ist das in England anders?» Nach Ansicht von Lineker hat der englische Fussball nicht genug gute Trainer hervorgebracht.
Trotzdem hat der Ex-Profi grossen Respekt vor Tuchel. «Er hat diese Erfahrung. Und ob ich persönlich einen Engländer auswählen würde oder nicht – das interessiert keinen, wenn England es irgendwie schafft, 2026 die WM zu gewinnen und uns aus dieser verdammten Misere befreit», sagte Lineker lachend. Seit 1966 warten die Engländer auf einen grossen Titel.
Gary Neville
Gary Neville hat gar keine Freude an der Tuchel-Ernennung: «Ich glaube, wir schaden uns selbst. Ich glaube, es gibt hervorragende englische Kandidaten, die man hätte ernennen können», meinte der frühere ManUtd-Star gegenüber Sky Sports.
«Wir stecken in einer Sackgasse, was das Trainerdasein angeht. Der Ruf des englischen Trainerberufs ist einer der schlechtesten in ganz Europa. Wir haben keine klare Identität und keinen Stil entwickelt, der einzigartig für uns ist.» Neville weiter: «Wir haben Trainer aus ganz Europa in die Premier League kommen sehen und ihren Stil in unser Spiel einfliessen lassen, und wir haben sie kopiert, aber meiner Meinung nach müssen wir eine Identität aufbauen und englischen Trainern die Möglichkeit geben, sich zu entfalten.» Neville' Fazit: «Ich dachte, wir hätten diese Phase (der Ernennung ausländischer Trainer) hinter uns».
Uli Hoeness
Uli Hoeness hat zwar nicht direkt auf den England-Job von Tuchel reagiert. aber der Bayern-Ehrenpräsident hat sich kürzlich gemäss der «Sport Bild» bei einem internen Klub-Treffen vor rund 120 Mitarbeitern bei dessen Personalie in Rage geredet. Der 72-Jährige soll ausgeführt haben, dass Tuchel «eine Katastrophe» für den Verein gewesen sei. Der Unterhaltungswert sei laut Hoeness unter der Tuchel-Ägide komplett auf der Strecke geblieben.
Zumindest der sportliche Erfolg hat an der Säbener Strasse nachweislich gefehlt. Tuchel coachte die Bayern von März 2023 bis Juni 2024, blieb aber mit dem Münchner Starensemble titellos.
Pro-Lager
Rio Ferdinand
Der ehemalige englische Nationalspieler Rio Ferdinand traut Thomas Tuchel als Nationaltrainer Englands dafür Historisches zu. «Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass Thomas Tuchel in seiner Zeit mit England ein Turnier gewinnt», sagte der 45 Jahre alte ehemalige Profi von Manchester United in einem Video auf seinem YouTube-Kanal.
Tuchel als englischer Nationaltrainer sei für viele Fans eine umstrittene Entscheidung, räumte Ferdinand ein. Er habe Artikel gelesen, in denen es heisse, sie bräuchten einen englischen Trainer, einen Patrioten. «Du willst aber den Besten haben.» Und wenn sie die WM oder EM gewinnen würden, würden alle die Leute, die diese Artikel geschrieben hätten, schreien vor Glück und zwölf Bier trinken, meinte Ferdinand.
Tuchel ist nach Sven-Göran Eriksson und Fabio Capello erst der dritte ausländische Trainer auf dem Posten. Er übernehme eine junge, lebendige und aggressive Mannschaft, die einen brauche, der sie an die Hand nehme, um sie ins gelobte Land zu führen, in dem noch keine englische Mannschaft gewesen sei, meinte Ferdinand. Die Three Lions warten seit dem WM-Triumph 1966 auf einen grossen Titel. «Wenn er gewinnt, ist er unsterblich», sagte Ferdinand über Tuchel.
Prinz William
Prinz William sichert Tuchel schon mal seine Unterstützung zu. «Thomas, wir wünschen Dir viel Glück und stehen alle hinter Dir!», schrieb der britische Thronfolger auf der Plattform X. Der 42-Jährige sieht mit der Ernennung des Deutschen «spannende Zeiten» auf die Three Lions zukommen, «mit einer neuen Generation talentierter Spieler und einem neuen Manager, der die Zügel in die Hand nimmt».
Keir Starmer
Auch der britische Premierminister Keir Starmer meldete sich in der Personalie zu Wort. «Ich will ihm seinen alten Job nicht übelnehmen, wünsche ihm aber alles Gute für seinen neuen Job», sagte der bekennende Fan des Londoner Erstligisten FC Arsenal, einem Lokalrivalen von Tuchels Ex-Club FC Chelsea.