Kay Voser hat in einem Interview mit dem «Blick» psychische Probleme offenbart. Der Ex-Fussballer blickt darin auf seine bewegte Zeit als Fussballer zurück und erläutert sein Auf und Ab im Alltagsleben.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Der ehemalige Fusssballprofi Kay Voser hat in einem Interview mit dem «Blick» über seine psychischen Probleme geredet.
- Der 36-jährige Aargauer leidet nach eigener Aussage an Angstzuständen, Halluzinationen und Psychosen.
- Voser war nach seiner Karriere unter anderem als Experte für SRF tätig. Nach einem Rundumschlag von ihm in den sozialen Medien endete die Zusammenarbeit aber vor Kurzem.
Seit der EM der Männer im Sommer 2021 gehörte Kay Voser dem Experten-Team bei SRF an. Er kam überwiegend im Rahmen der Super League und der Cup-Spiele zum Einsatz.
Doch dann kam Mitte November der öffentliche Bruch. Voser rechnete auf Instagram mit diversen Medien ab, darunter auch seinem Arbeitgeber. Insbesondere kritisierte Voser die Berichterstattung rund um Ardon Jashari.
«Er wurde so beleidigt und verunglimpft, dass ich mich wehren musste für ihn. Ich kenne Ardon. Er ist ein feiner Kerl, erst 21-jährig und das Gegenteil von arrogant», erzählt Voser im Interview mit dem «Blick» seine Beweggründe.
Seine Breitseite hatte Folgen, SRF verkündete danach die Trennung im «gegenseitigen Einvernehmen». Voser betont: «Ich habe mich dafür entschuldigt und inzwischen alles wieder gelöscht. Es musste einfach raus in diesem Moment und ich bereue es nicht. Den Fernsehleuten hat das auch nicht gefallen. Ich hätte mich zuerst absprechen müssen, weil ich ja als SRF-Experte angestellt war. Da gibt es halt Regeln, was man sagen darf und was nicht», meint Voser und ergänzt: «Der Fall Jashari war also wohl mit ein Grund für die gegenseitige Trennung.»
Schwere Krise als Auslöser
Seine Angriffe in den sozialen Medien kamen dabei nicht aus dem Nichts: «Ich hatte im September eine schwere Krise. Die hatte unter anderem mit der Trennung von meiner Freundin zu tun. Und auch damit, dass mich gewisse Menschen als krank betrachten, mich drängen und einweisen wollten. Ich bekam solche Kopfschmerzen, dass ich mich schliesslich überreden liess, für ein paar Tage in eine Klinik zu gehen, wo ich aber eigentlich nicht sein wollte. Als Zeichen des Protests habe ich mir meine Haare abrasiert», so Voser, der zuvor eine gefühlte Ewigkeit lange Haare trug.
Voser trägt dabei schon lange einen Kampf mit seinen Dämonen aus. Mit dem Interview will er sich von einer Last befreien. «Zu lange musste ich Dinge verheimlichen, die eigentlich zu mir gehören, ein Teil von mir sind, meine Ängste und Psychosen. Mein Leben ist ein einziges Drama» fasst der Aargauer zusammen.
Über seinen Jugendklub Fislisbach landete er bei GC, wo er als 19-Jähriger einen Profivertrag erhielt. Voser über seine Anfänge: «Mein Umfeld war ungeheuer schwierig. Mein Vater war Alkoholiker, meine Mutter manisch-depressiv und ich schizophren. In meiner Parallelwelt, in die ich immer wieder eintauchte, hatte ich einen Freund, der sah genau so aus wie ich. Wir lachten und spielten im Garten zusammen und wir halfen einander, wenn es uns schlecht ging. Hätte ich das Balakov erzählen sollen? Das war damals undenkbar.»
Auf dem Rasen zeigten sich seine psychischen Probleme auf unterschiedliche Weise: «Es gab jeweils den einen Moment, in dem sich alles änderte, in dem ich plötzlich funktionierte und alles Belastende ablegen konnte. Manchmal kam dieser Moment erst nach 20 Spielminuten, manchmal funktionierte ich schon von Anpfiff an bestens.»
Ab und zu sei er aber auch neben den Schuhen gestanden. «Ich wusste nicht, was tun, wusste nicht, wo ich bin. Erst als ich an dem Punkt war, an dem ich dachte, dass gleich alle im Stadion merken, was mit mir los ist, setzte sich die Realität wieder zusammen und ich konnte spielen, als wäre da nichts.»
FCB als Highlight, Fulham als Tiefpunkt
Seine Karriere nahm trotz dieser Voraussetzungen Fahrt auf. 2011 wechselte Voser zum FC Basel, mit dem er drei Mal Meister und einmal Cupsieger wurde. Abseits des Rasens suchte er «verzweifelt Halt», wie er erläutert: «Ich ging in Basel in schwierigen Momenten oft in den Ausgang, habe ab und zu auch mit Alkohol übertrieben.» Unter dem Strich erlebte er im Stadtkanton aber seine «glücklichste und erfolgreichste Zeit».
Mit dem FCB konnte er sich auch auf europäischer Bühne beweisen. Im Sommer 2014 klopfte Fulham an. Mit dem Wechsel machte Voser sich aber keinen Gefallen. «Fulham wurde zum Horror-Trip. Und der fing schon vor dem Wechsel an. In den Ferien nach Saisonende war ich mit anderen FCB-Spielern auf Ibiza. Da verlor ich total den Bezug zur Realität. Wir waren auf einer Yacht. Es war so viel Geld und Luxus im Spiel, und plötzlich waren da überall diese Gelegenheiten. Ich betrog meine Freundin, worauf sie mich auf der Stelle verliess. Ich stürzte in eine schlimme Psychose.»
Kokain-Konsum nach privatem Schicksalsschlag
Sein Zustand sei «besorgniserregend» gewesen, hält Voser fest. «In dieser Krise liess ich mich zum Koksen verführen und bin aufgeflogen.» Doch die Verbandssperre konnte er umgehen. «Die nachgewiesene Menge Kokain war so gering, dass nicht einwandfrei festgestellt werden konnte, ob ich wirklich gekokst hatte», erzählt Voser. Eine Zukunft in London war damit aber trotzdem ausgeschlossen. Auch weil ihn ein privates Schicksal ereilte. «Als mich meine Mutter in London besuchen kam und ein paar Wochen blieb, nahm ich mir Zeit für sie. Ich meldete mich verletzt ab, was gelogen war. Das hat man mir übelgenommen. Aber meine Mutter war mir wichtiger als der Fussball. Kurze Zeit später ist sie am Krebs gestorben und mit ihr auch ein Teil von mir.»
Danach kehrte Voser in die Schweiz zurück, beim FC Sion und dem FCZ konnte er sportlich nicht an seine früheren Leistungen anknüpfen. 2018 wechselte er in die USA zu Charlotte Independence, ehe Voser seine Karriere im Amateurbereich bei Red Star ausklingen liess.
Fussball habe ihm immer Halt gegeben. Jetzt habe er noch viele Projekte (u.a. die intensive Betreuung seines Instagram-Kanals), die er realisieren wolle, auch wenn er immer Ängste haben werde. «Ich lebe mit ihnen. Ich werde weiter schlaflose Nächte haben und Wahnvorstellungen und Krisen. Aber ich werde auch die anderen Zeiten erleben – die guten, in denen ich bestens funktioniere. So war es immer, seit ich denken kann. So wird es immer sein.»
Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine psychische Erkrankung? Hier findest du Hilfe:
- Pro Mente Sana, Telefon 0848 800 858
- Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen
- Verein Postpartale Depression, Telefon 044 720 25 55
- Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
- VASK, regionale Vereine für Angehörige
- Stiftung Selbsthilfe Schweiz, Koordinations- und Dienstleistungsstelle der regionalen Selbsthilfezentren
- Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Telefon 147
- Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Telefon 143
- Angst- und Panikhilfe Schweiz, Telefon 0848 801 109