Unterschiedlicher könnte die Gefühlslage bei den beiden spanischen Rivalen nicht sein. Während bei Real pure Freude herrscht, besteht bei Barcelona Klärungsbedarf.
Barcelona hatte die Liga vor der Coronapause noch mit zwei Punkten Vorsprung angeführt, zeigte sich aber zu inkonstant. Real gewann hingegen alle zehn Spiele seit dem Wiederbeginn der Saison Mitte Juni.
Auch am Donnerstagabend gegen den CA Osasuna zeigten sich die Katalanen wieder einmal uninspiriert und kassierten eine 1:2-Pleite. «Dieses Spiel spiegelt das komplette Jahr wider. Wir waren ein schwaches Team», sagt Lionel Messi.
«Madrid hat seine Hausaufgaben gemacht», so der argentinische Superstar. «Wir haben ihnen geholfen und viele Punkte abgegeben. Wir müssen Selbstkritik üben – beginnend mit den Spielern, aber auch insgesamt. Wir sind Barcelona und es ist unsere Pflicht, jedes Spiel zu gewinnen.» Messi selbst traf mit einem schönen Freistoss zum zwischenzeitlichen Ausgleich und konnte damit seine Führung in der Torschützenwertung (23) vor Benzema (21) behalten. Es war gleichzeitig der 700. Treffer des sechsfachen Weltfussballers, der nun der sechste Fussballer ist, der diese Marke knackt.
Sollte es keine Leistungssteigerung geben, sieht Messi die Lage auch für die anstehende Wiederaufnahme der Champions League düster. «Wenn wir so spielen, werden wir gegen Neapel verlieren», schlägt der 33-Jährige Alarm. «Wir müssen von null in der Champions League starten und uns selbst die Schuld geben, was schiefgelaufen ist.» Barcelona empfängt im Rückspiel des Königsklassen-Achtelfinals am 8. August Napoli – das erste Duell endete 1:1.
Ramos Lobeshymne – magere Party-Kost
Ganz anders sieht die Welt in der spanischen Hauptstadt aus. Als Macher des Erfolgs gilt Coach Zinedine Zidane. Seit März 2019 ist der einstige Weltklasse-Mittelfeldspieler zurück auf der Trainerbank von Real. Die Meisterschaft holte der 48-Jährige nun mit vielen Spielern, auf die er schon in seiner ersten Amtszeit von 2016 bis 2018 setzen konnte und mit denen er dreimal die Champions League gewann.
«Das Gefühl ist gewaltig, denn was die Spieler geleistet haben, ist beeindruckend. Ich habe keine Worte für die Emotionen, die ich habe», erläutert der Weltmeister von 1998. «Es ist ein beeindruckendes Team von Menschen, und wenn ich sie so glücklich sehe, bin ich sehr glücklich.»
Mit dem Meistertitel bastelt der erfolgsverwöhnte Franzose weiter an seinem Mythos – es ist bereits der elfte Pokal im Dienste der Königlichen nach gerade mal 209 Spielen – eine Trophäe also alle 19 Spiele (!).
«Wir glauben an ihn, an alles, was er sagt», lobt Ramos. «Er ist einzigartig.» Für den Captain, der beim entscheidenden 2:1-Sieg gegen den FC Villarreal zusammen mit Karim Benzema mit einem Arroganz-Elfmeter für Aufregung sorgte, ist der Erfolg kein Zufall: «Es ist das Ergebnis harter Arbeit und Beharrlichkeit.»
Die Meistertruppe dürfte dabei grösstenteils zusammenbleiben. Real-Präsident Florentino Perez vielsagend: «Es wird in diesem Sommer keine grossen Verpflichtungen geben. Mbappé? Das kann warten. Ich kann von den Spielern nicht verlangen, ihre Gehälter zu senken, und dann einen grossen Transfer tätigen.»
Nun liegt der Fokus auf der Endrunde der Champions League in Portugal. Der Abonnementsieger der Königsklasse, der den Pott allein zwischen 2014 und 2018 viermal gewann, hat das Ticket für Lissabon allerdings noch nicht sicher. Am 7. August muss zunächst bei Manchester City von Ex-Barca-Coach Pep Guardiola das 1:2 aus dem Hinspiel wettgemacht werden.