Heute vor drei Jahren wird die Mannschaft von Borussia Dortmund auf dem Weg zu einem Champions-League-Match zur Zielscheibe eines Bomben-Attentäters. Nur dank viel Glück gibt es keine Toten.
Es war zunächst ein Match-Tag wie jeder andere für den BVB an jenem 11. April 2017. Mit der üblichen Routine bereiteten sich Goalie Roman Bürki, der zu diesem Zeitpunkt einzige Schweizer im Team des damaligen Trainers Thomas Tuchel, und die Mannschaft auf die abendliche Heimpartie gegen die AS Monaco vor. Nach dem Essen versammelten sich Spieler und Staff vor dem Hotel zum Transfer ins Stadion, der Bus fuhr los. Kurz darauf, unweit des Hotels und etwa zehn Kilometer vom Stadion entfernt, knallte es. Unmittelbar neben dem Bus zündete ein Mann per Fernsteuerung drei mit Metallstiften gefüllte Sprengsätze. Dem späteren Gerichtsurteil zufolge handelte der Täter in Tötungsabsicht.
Glück im Unglück war es also, dass es keine Toten oder Schwerverletzten gab im Vorfeld dieses Viertelfinal-Hinspiels in der Champions League. Am schwersten traf es einen durch die Knalls traumatisierten Polizisten und den spanischen Verteidiger Marc Bartra, der sich die Speiche am rechten Handgelenk brach und dem sich Splitterteile in den Arm bohrten. «Der Schmerz, die Panik und die Ungewissheit, weder zu wissen was passiert ist, noch wie lange es dauern würde... das waren die längsten und schlimmsten 15 Minuten meines Lebens», berichtete der 14-fache Internationale, der zu jenem Zeitpunkt zum Stammpersonal gehörte und für den die Saison durch den Zwischenfall beendet war. Inzwischen spielt der heute 26-jährige Bartra bei Betis Sevilla.
«Ein Anschlag auf das Leben»
Seelisch hinterliess der Vorfall bei vielen in der Mannschaft tiefe Spuren. Auch Roman Bürki, der im Bus in der hintersten Reihe neben Bartra sass, hatte zu kämpfen. Fünf Tage nach dem Vorfall sagte er: «Ich habe noch immer Probleme, schlafen zu können. Im Unterbewusstsein zucke ich zusammen und schrecke darum auf. Das ist das Schlimmste: dass ich keine Nacht durchschlafen kann.» Er müsse drei Kreuze an die Decke machen, dass er noch am Leben sei, so Bürki.
Zwischen dem damaligen Trainer Thomas Tuchel und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der nicht im Bus sass, kam es in der Aufarbeitung endgültig zum Bruch. Nach der Saison trennten sich ihre Wege. Knapp ein Jahr nach dem Vorfall sagte Ersatzgoalie Roman Weidenfeller, dass dieser nach wie vor Thema in der Mannschaft sei. «Ich kenne Spieler, die noch immer darunter leiden. Das war ein Anschlag auf das Leben.» Er selbst nehme seitdem psychologische Hilfe in Anspruch: «Man ist immer noch betroffen, immer noch schreckhaft. Der Vorfall hat mein Leben verändert.»
14 Jahre Gefängnis
Beim Attentäter, so stellte sich später heraus, handelte es sich um einen 28-jährigen Elektrotechniker russischer Herkunft, der einen perfiden, von Habgier getriebenen Plan verfolgte. Den Gerichtsakten zufolge hatte er vor dem Anschlag mit geliehenem Geld eine hohe Summe auf einen fallenden Kurs der BVB-Aktie gewettet. Im November 2018 wurde er wegen versuchten 28-fachen Mordes zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt.
Es ist absurd, dass die Partie nur 24 Stunden später nachgeholt wurde. Dass der vom Schock und der Todesangst vom Vortag gezeichnete BVB 2:3 verlor und eine Woche später mit einem 1:3 im Rückspiel ausschied, überraschte nicht. «Wenn wir hätten wählen können, von uns hätte keiner gespielt», sagte Bürki.