Fussball-WM Podiumsdiskussion in Bern: Ist Frauenfussball nur für Insider?

Roland Meier

18.6.2019

Nur Applaus aus den eigenen Reihen: US-Legende Carli Lloyd lässt sich an der WM feiern.
Nur Applaus aus den eigenen Reihen: US-Legende Carli Lloyd lässt sich an der WM feiern.
Bild: Keystone

Der Frauenfussball ist im Fokus dieser Tage. In Frankreich wird die WM ausgetragen. Die Schweiz steht im Abseits, die Nati hat sich nicht qualifiziert. Auch an einer Podiumsdiskussion in Bern will es nicht gelingen, über den Kreis der Eingeweihten hinaus, Interesse zu generieren.

Die FIFA-Frauen-WM geht bald in die K.o.-Phase. Public Viewings allerorten – wie bei den Männern – gibt es aber nicht. Der YB-Spielerin Meret Wälti ist es zu verdanken, dass im Hof des PROGR und anderen Berner Lokalitäten zumindest in einer Deutschschweizer Stadt Live-Fussball unter freiem Himmel mit Gleichgesinnten geschaut werden kann. Trotz anfänglicher Einwände der Gewerbepolizei wegen «fehlendem öffentlichen Interesse». Vor dem Spiel Nigeria gegen Frankreich lud die Berner Kulturbar Lehrerzimmer zudem zu einer Diskussion. Auf dem Podium: Der Schweizer Arsenal-Star Lia Wälti, Edel-Fan und Kabarettist Bänz Friedli und Laura Zimmermann von der Aktion Libero.

Eine WM auf hohem Niveau – aber ohne die Schweiz

Wälti und Friedli berichten von ihren Match-Besuchen in Frankreich. Amerika-Fan Friedli war am Vorabend noch im Pariser Prinzenpark-Stadion und schwärmte zurecht von der Chile-Keeperin Christiane Endler, die mit Weltklasse-Paraden Schlimmeres gegen die überlegenen US-Amerikanerinnen verhinderte. Wälti schaute sich das Schwester-Duell England gegen Schottland live im Stadion an. Die 81-fache Nationalspielerin kannte viele auf dem Feld persönlich, spürte aber auch leichte Wehmut, weil die Schweizerinnen statt die Schottinnen hätten dabei sein können. Wenn die WM-Quali glücklicher verlaufen wäre …

Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre

Der Konjunktiv ist im Schweizer Frauenfussball leider ein ständiger Begleiter. Wenn die Nati in Frankreich dabei wäre, würde das SRF mehr Spiele im TV zeigen. Hätten die Frauen-Spiele der Nationalliga A mehr Zuschauer, wären auch mehr Sponsoren bereit zu investieren. Denn bald kam auf dem Podium auch das Finanzielle zur Sprache: Die Unsummen im Männerfussball und der Unterschied zu den Frauenlöhnen. Bedeute mehr Geld, das Ende der heilen Welt, fragte die Moderatorin, SRF-Journalistin Seraina Degen, die Runde – auch im Hinblick auf die fehlenden Profiverträge im Schweizer Frauenfussball.

Lia Wälti, dank Engagements in der Bundesliga und England ordentlich entlöhnt, spürt keinen Neid auf die männlichen Kollegen wie z.B. Granit Xhaka, der wie sie bei Arsenal spielt. Oft müssten diese die Öffentlichkeit meiden, weil sie überall erkannt würden. Sie könne auch mal einen Hamburger essen, ohne dass daraus ein medialer Zirkus gemacht werde. Friedli hingegen speist seine Begeisterung für Kickerinnen fast schon aus dem Verdruss über die Zustände im Männerfussball. Pyros, Transferwesen, Infantino, Unwissen und Sexismus in der Berichterstattung? Gewitzt enerviert er sich über alles und jeden und geht sogar von einem besseren Menschenschlag auf weiblich domminierten Fussballplätzen aus im Vergleich zur Männer-Elite.



Laura Zimmermann blieb da nur die Rolle der externen Beobachterin. Sie verwies auf die Parallelen im Teamsport zur Gesellschaft. Und schnell war so auch die Forderung nach mehr Frauen in den entscheidenden Gremien auf dem Tisch. Etwas, dass die 40 Zuschauer wohl auch schon gehört haben. Es lauschten viele Spielerinnen, deren Angehörige, Trainerinnen und Verbandsleute. «Frauenfussball, das unbekannte Wesen.» – Das Bonmot von Friedli scheint nicht nur bei der Berner Gewerbepolizei zu wirken. Trotz begeisterndem Fussball auf sehr gutem Niveau an der WM-Endrunde in Frankreich bleibt man in der Schweiz mit seinem Interesse unter sich. Trotz viel Goodwill.

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