Xherdan Shaqiri kehrte am Montag nach 16 Monaten Absenz in den Kreis der Schweizer Nationalmannschaft zurück – bis ihn das Coronavirus weniger als 24 Stunden später bereits wieder stoppte.
Den Anfang hatte Vladimir Petkovic gemacht. «Es ist eine Win-win-Situation. Er braucht unsere Hilfe und wir brauchen ihn», sagte der Nationaltrainer am Freitag bei der Bekanntgabe des Kaders für die Spiele gegen Kroatien, Spanien und Deutschland. Vergessen schienen die atmosphärischen Störungen zwischen ihm und dem Spieler, die womöglich mit ein Grund waren, die vor gut einem Jahr zum freiwilligen Verzicht Shaqiris auf zwei EM-Qualifikationsspiele führten.
Mi 07.10. 20:10 - 23:05 ∙ SRF zwei ∙ CH 2020 ∙ 175 Min
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Auch der Spieler und der SFV taten ihr Mögliches, um Probleme – falls es solche gegeben haben sollte – auszuräumen. Noch in der Nacht auf Dienstag veröffentlichten sie auf der Homepage des Verbandes ein Interview mit Shaqiri, in dem dieser erklärte: «Es ist immer eine Herzensangelegenheit in der Nati zu spielen. Es macht mich jedes Mal sehr stolz, wenn ich ein Aufgebot erhalte.» Kurz vor Mittag sollte sich der Liverpool-Spieler dann vor dem Testspiel gegen Kroatien am Mittwoch in St. Gallen den Medien stellen – erstmals seit 16 Monaten.
Am späten Dienstagmorgen war die ganze PR-Offensive der SFV-Exponenten dann allerdings Makulatur. «Positiver Covid-Test in der Schweizer Nationalmannschaft», hiess die Überschrift des Communiqués, das der Verband um 10:39 Uhr verschickte. Der Name des Betroffenen: Xherdan Shaqiri.
Immer ein Thema
Ob er da ist oder nicht, ob er will oder nicht, Shaqiri ist und bleibt immer ein Thema. Sein Spielstil ist spektakulär, sein Palmarès eindrücklich, sein Autogramm bei den Fans beliebter als jedes andere. Kein Schweizer war auf Klubebene erfolgreicher als der 1,69 m grosse Basler. Mit Bayern München und Liverpool gewann er Meisterschaft und Champions League. Auch wenn sein Anteil auf dem Spielfeld jeweils gering war, einen längerfristigen Vertrag bei diesen Klubs bleibt nur ganz wenigen vergönnt.
Shaqiri liess auch in den zwei Jahren bei Liverpool sein Können gelegentlich aufblitzen – wenn auch selten und in den letzten Monaten immer weniger. Im Dezember 2018 schoss er nach seiner Einwechslung gegen Manchester United zwei Tore zum 3:1-Sieg, beim 4:0 im Halbfinal-Rückspiel der Champions League 2019 gegen den FC Barcelona spielte er praktisch durch. Deutlich mehr Spuren hatte er allerdings in der Nationalmannschaft hinterlassen. Im März 2010 gab er sein Debüt, seither absolvierte er weitere 81 Einsätze für die Schweiz und schoss 22 Tore.
Immer wieder war Shaqiri der Mann für die besonderen Momente: 2011, als er mit drei Toren Bulgarien in der EM-Qualifikation praktisch im Alleingang besiegte. 2014 an der WM in Brasilien, als er beim 3:0 gegen Honduras alle drei Treffer schoss. Sein brillanter Ausgleich per Fallrückzieher im EM-Achtelfinal 2016 in Saint-Etienne gegen Polen ist ein Tor für die Ewigkeit. Und bei der 5:2-Gala im Herbst 2018 gegen den WM-Dritten Belgien war er zusammen mit Haris Seferovic überragend.
Es war das bislang letzte Glanzlicht Shaqiris im Nationaltrikot, sein letztes Spiel bestritt er im Juni 2019 im Rahmen des Finalturniers der Nations League in Porto im Spiel um Platz 3 gegen England. Seither glänzte Shaqiri durch Abwesenheit, oft aufgrund von Verletzungen, oder wie im September vor einem Jahr, weil er angeblich «mental nicht bereit war».
Ein weiterer Rückschlag
Für Shaqiri, der am Dienstag keine Symptome aufwies, kommt das positive Testergebnis zu einem schlechten Zeitpunkt. Am Montag nach Schliessung des internationalen Transferfensters wurde klar, dass er bei Liverpool bleibt, obwohl er zuletzt oft nicht einmal mehr zum Kader des englischen Meisters gehörte. «Ich glaube, die Nati kommt zu einem guten Zeitpunkt, um wieder spielen und dann wieder angreifen zu können, wenn ich zurück nach Liverpool gehe», so Shaqiri.
Vor allem gegen Kroatien, aber wohl auch gegen Spanien und Deutschland hätte Petkovic Shaqiri Einsatzminuten gewährt, womit die Querelen und Nebengeräusche der letzten 16 Monate Tempi passati gewesen wären. Nun müssen sich Trainer, Spieler, aber auch die Fans weiter gedulden. Das Verhältnis von Xherdan Shaqiri mit der Nationalmannschaft bleibt kompliziert – zumindest bis zum nächsten Zusammenzug im November.