Thomas Tuchel ist nicht zu beneiden. Der Deutsche sammelt mit PSG fleissig Pokale, in dieser Saison ist gar das Quadruple möglich. Doch vor dem Ligapokal-Final und dem folgenden Champions-League-Viertelfinal herrscht Unruhe.
Die Saison in Frankreich wurde wegen der Coronakrise frühzeitig abgebrochen, zum Meister gekürt wurde PSG trotzdem. Meistertitel und Siege in nationalen Pokalwettbewerben nimmt man natürlich gerne mit, in Paris träumen sie aber seit langer Zeit vom erstmaligen Gewinn der Champions League. Diesem Ziel, erstmals in der Vereinsgeschichte die Königsklasse zu gewinnen, ist alles untergeordnet.
So darf man sich nicht einmal sicher sein, ob PSG im Ligapokal-Final (Freitag ab 20.55 live auf Teleclub Zoom) mit der besten Mannschaft auflaufen wird. Denn exakt vor einer Woche hatte sich im Endspiel des französischen Pokal-Finals (1:0-Sieg gegen Saint-Étienne) Superstar Kylian Mbappé verletzt. Der Frust über die Verletzung überstieg bei Tuchel die Freude über den Titelgewinn. Er wetterte, dass der Schiedsrichter die Spieler nicht genug geschützt hätte.
Fr 31.07. 20:55 - 23:30 ∙ blue Sport Live ∙ Live Fussball: Paris St. Germain - Olympique Lyon
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Teaminterne Kritik an PSG-Coach Tuchel
Aber auch Tuchel selbst wurde zur Zielscheibe. Die Zeitung «Le Parisien» berichtete, dass Tuchel trotz aller Erfolge herber Kritik aus dem Kreis seiner Profis ausgesetzt sei. Die namentlich nicht genannten Spieler sollen sich darüber enervieren, dass sich bei PSG alles nur um Mbappé und Neymar drehe.
Dies habe man auch beim Pokalfinale gegen Saint-Étienne gesehen. Nach Mbappés Auswechslung in der 33. Minute habe Tuchel die Taktik radikal verändert. Auch dass er nur drei von fünf möglichen Auswechslungen vollzog, konnten dem Bericht zufolge nicht alle Spieler nachvollziehen. Der Vorwurf steht im Raum, dass der Trainer die Entwicklung der Mannschaft und der Spieler behindere.
Dass Mbappé und Neymar in dieser (verkürzten) Saison zusammen unglaubliche 49 Tore und 28 Assists verbucht haben, zeugt allerdings zweifellos von deren Klasse. Dass sie nicht eins zu eins zu ersetzen sind, das müsste den Kritikern wohl auch bewusst sein. Kritisiert werden aber auch Tuchels Trainingseinheiten. Ob die Kritik berechtigt ist, das lässt sich nur schwer sagen. Klar ist auch, dass es immer unzufriedene Spieler gibt.
Tuchel hofft bei Mbappé auf ein «Wunder»
Und dass Tuchel am 12. August im Viertelfinal gegen Atalanta Bergamo nur ungerne auf Mbappé, einen der besten Angreifer der Welt, verzichten möchte, das ist ja selbstverständlich. Am liebsten würde er «ein Wunder geschehen lassen», meinte der 46-Jährige. Natürlich unternehmen sie in Paris alles, um den Superstar fit zu kriegen, doch er droht die Champions League verletzungsbedingt zu verpassen. «Die Zeit wird sehr knapp, das ist klar», so der Trainer.
Zuversichtlich stimmen dürfte Tuchel, dass sein Team drei Testspiele mit dem Gesamtskore von 13:0 gewonnen hat und auch im Cupfinal am Ende die Null stand.
Sportlich scheint die Mannschaft also auf dem richtigen Weg zu sein. Und an Kritik an seiner Person und seinem Stil, ist sich Tuchel ja längst gewöhnt. So hatte etwa im Februar Vereinslegende Luis Fernández gemeint, dass Tuchel «weit entfernt vom Niveau eines Jürgen Klopp, Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti» sei. Ja, Tuchel sei gar «der schlechteste Trainer» seit dem Einstieg der katarischen Geldgeber im Jahr 2011.
Nun muss der Deutsche die Chance nutzen, um es allen zu zeigen. Denn ob er auch in der kommenden Saison (trotz Vertrag bis 30. Juni 2021) an der Seitenlinie steht, sollte es PSG wieder einmal nicht zum Gewinn der Champions League reichen, so wird die Luft dünner und dünner. Denn die Erwartungen in Paris sind gigantisch.