In den nächsten Tagen bestreitet die Schweiz gegen Spanien und Tschechien die letzten beiden Länderspiele vor dem Abflug auf die arabische Halbinsel. So steht es um die potenzielle WM-Formation.
Wie weit ist die Kaderplanung von Murat Yakin für die WM fortgeschritten? Wer ist für die Startelf gesetzt? Und wie sakrosankt ist das System? Nachfolgend eine Einschätzung vom unverzichtbaren Gerüst bis zu den wenigen) Vakanzen. Wobei die Frage nach dem System vorab leicht zu beantworten ist: Zwei Monate vor der WM wird Yakin in diesem Bereich kaum mehr experimentieren. Die Viererkette hinten steht, davor könnte die Formation mit einigen Fixpunkten jeweils vom Gegner abhängen.
Drei Stützen in Topform
Nach der erfolgreichen WM-Qualifikation ist der unter Murat Yakin glänzend angelaufene Motor der Schweizer Nationalmannschaft 2022 etwas ins Stocken geraten. Und doch hat der Nationalcoach guten Grund zu jener Gelassenheit und Zuversicht, die er beim Zusammenzug in Bad Ragaz ausstrahlt. Zuletzt stimmten Leistung und Resultate wieder. Und mit Goalie Yann Sommer, Verteidiger Manuel Akanji und Mittelfeldchef Granit Xhaka erfreuen sich drei unverzichtbare Stützen einer absoluten Topform.
Sommer glänzt bei Borussia Mönchengladbach nach der letzten Seuchensaison seines Klubs in aller Regelmässigkeit und im bislang wichtigsten Spiel noch mehr. Der Schweizer Keeper war es, der dem mit drei Siegen und 15:1 Toren famos in die Bundesliga gestarteten Bayern München mit seinen Paraden die Flügel stutzte. 19 Paraden zeigte Sommer beim 1:1 in München – so viele wie noch kein anderer in der Bundesliga seit der detaillierten Datenerfassung. Für mehrere Aktionen gab es das Prädikat «Weltklasse» und allerhöchste Anerkennung von den gegnerischen Angreifern um Thomas Müller. Es ist klar: So gibt es für den ebenfalls starken Gregor Kobel bis zur WM kein Vorbeikommen an Sommer.
Vom Abstellgleis ins höchste Segment
Manuel Akanji wechselte kurz vor Transferschluss vom Abstellgleis in Dortmund (aus vertragstechnischen Gründen) ins allerhöchste Segment zu Manchester City. Dort stellte er die Kritiker, die ihm im Starensemble von Trainer Pep Guardiola einen schweren Stand prophezeit hatten, sogleich in den Senkel. Akanji kam, spielte und siegte, noch bevor er in England angekommen war. Sein Transfer am Deadline Day überschnitt sich mit der Geburt seines zweiten Sohnes. Doch Akanji traf rechtzeitig in Sevilla zum Champions-League-Spiel von Manchester City ein, spielte von Beginn an und überzeugte auf Anhieb.
In den beiden weiteren Partien seither stand Akanji wiederum in der Startelf. Sein Team siegte weiter, nur einmal kassierte es mit Akanji bislang ein Gegentor, und von Pep Guardiola gab es ein Sonderlob: «Er ist so clever. Er hat alle Zweikämpfe im Spielaufbau gewonnen und perfekt erkannt, wann er kurz oder lang spielen muss.»
Bei Arsenal wird Granit Xhaka längst nicht mehr verschmäht, sondern gefeiert. Der Captain der Nationalmannschaft dirigierte Arsenal nach anhaltender Depression aus dem zentralen Mittelfeld heraus zurück an die Spitze der Premier League. Sechs Siege stehen nach sieben Spielen zu Buche. Und Xhaka ist auch im Klub wieder eine unverzichtbare Grösse.
Widmer, Elvedi und Rodriguez neben Akanji
Neben Akanji dürfte in der Innenverteidigung auch Nico Elvedi gesetzt sein. Dass Yakin so kurz vor der WM noch eine Dreierkette mit drei Innenverteidigern in Erwägung zieht, um auch den bei Newcastle überzeugenden Fabian Schär in die Startelf zu bringen, ist sehr unwahrscheinlich.
Auf den Seiten der Viererabwehr setzte Yakin zuletzt fast ausnahmslos auf Silvan Widmer und Ricardo Rodriguez. Kevin Mbabu auf rechts und Jordan Lotomba auf links haben sich bislang nicht als bessere Optionen aufgedrängt.
Sow vor Zakaria
Im Mittelfeld rutschte Denis Zakaria wegen Verletzungen und dem missratenen Abstecher zu Juventus Turin in der Hierarchie zurück. Remo Freuler hat sich festgespielt und Djibril Sow drängt sich mit starken Leistungen beim Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt auf. Solange Zakaria während seiner Leihe zu Chelsea nicht durchstartet, wird es schwierig für den Box-to-Box-Spezialisten, dessen Offensivdrang bei Juventus nicht gefragt war.
Seferovic?
In der Offensive könnte es für Haris Seferovic trotz seines Siegtreffers im Juni gegen Portugal eng werden. Noah Okafor und Breel Embolo haben neben einem fitten Xherdan Shaqiri die besten Karten. Zwar fehlt Okafor in den bevorstehenden Spielen gegen Spanien und Tschechien wegen eines Zahnproblems, der Stürmer überzeugt aber sowohl im Nationalteam als auch bei RB Salzburg, für das er unter anderem in der Champions League gegen Chelsea und Milan traf.
Yakin schätzt zwar Seferovics Erfahrung und Zuverlässigkeit im Nationalteam und sagt, dass er sich um Seferovic überhaupt keine Sorgen mache. Zurzeit spricht aber nicht allzu viel für den langjährigen Schweizer Nummer-1-Stürmer, auch weil dieser als Leihstürmer von Galatasaray Istanbul noch nicht getroffen hat und zuletzt nicht mehr zur Startformation der Türken gehörte.