Die neue Plattform MeCarreira will mittels Blockchain-Technologie den Fussball umkrempeln. Jeder Spieler soll seine eigene Kryptowährung lancieren können. Doch wie funktioniert das genau und wer profitiert am Ende davon?
«Nur Talent und nicht Verbindungen oder Glück sollten darüber entscheiden, ob ein junger Fussballer es weit bringt, egal wo man geboren wurde.» Mit dieser Prämisse fasste sich der frühere FCZ-Fussballer Heinz Ernst und sein Team vor Kurzem ein Herz und rief die Fussballerbörse MeCarreira ins Leben. Der Geschäftsführer will Fussballern damit eine völlig neue Möglichkeit bieten, ihre Karriere neben dem Rasen zu begleiten.
Bei MeCarreira legen Fussballer ihr eigenes Profil an, wie man das auch von sozialen Netzwerken kennt. Voraussetzung ist die Identifikation per Gesichtskontrolle und ein gültiger Ausweis. Zeitgleich lancieren die Fussballer mit diesem Schritt ihre eigene Kryptowährung. Dadurch wird ein Spieler quasi zur digitalen Ware, einer Art Aktie. Fans und Förderer haben die Möglichkeit, die Karriere mit dem Kauf von Player Coins direkt zu unterstützen. Letzten Endes gelten die üblichen Gesetze des Markts. Macht der Fussballer seine Sache gut, wächst das Vertrauen und die Nachfrage nach seinen Coins steigt, diese gewinnen damit an Wert.
Die Fussballer selber verdienen dadurch kein direktes Geld, es sei denn, sie investieren in ihre eigenen Player Coins. Primär sollen sie durch MeCarreira aber die Chance erhalten, Karriere und Bekanntheitsgrad unabhängig von ihrem aktuellen Umfeld vorantreiben zu können. «Ich bin überzeugt, dass es viele junge Menschen da draussen gibt, die über ein grosses fussballerisches Talent verfügen, aber die Chance nie erhalten, durchzustarten, weil sie nicht über die notwendigen Kontakte verfügen», sagt CEO Heinz Ernst im Gespräch mit blue Sport. «Das möchten wir ändern, indem wir jedem Fussballspieler und auch jeder Fussballspielerin die Möglichkeit bieten, sich darzustellen und auf sich aufmerksam zu machen.»
Keine Konkurrenz zu den Vereinen
Für die Spieler*innen geht es im erweiterten Sinn also auch um Imagepflege. Fans sollen die Karriere auf den Profilen hautnah mitverfolgen und mit den Stars interagieren können. Allerdings haben die Investoren dabei kein Mitspracherecht, wie das beispielsweise Aktionäre haben.
Ein gewisses Mitspracherecht haben allerdings die Vereine. Je nach Vertrag liegen Vermarktungs- und Bildrechte etwa beim jeweiligen Klub. Hier stellt sich auch die Frage, ob diese wirklich ein Interesse daran haben, dass ihre Spieler sich auf MeCarreira selber vermarkten. Heinz Ernst hat in dieser Hinsicht aber keine Bedenken: «Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz zu irgendjemandem im Fussball, sondern als moderne Ergänzung. Je aktiver und erfolgreicher jemand seinen persönlichen Brand auf MeCarreira pflegt, umso attraktiver ist diese Person auch für den Verein, sowohl für die Kommunikation mit den Vereinssponsoren als auch den Fans.»
«Sobald Neymar mitmacht und Cristiano Ronaldo sieht, wie die Leute wie wild Neymar-Coins kaufen und NFTs von Neymar ersteigern, wird er sich auch registrieren. Danach ist die Lawine nicht mehr zu stoppen.»
Bisher sieht die Plattform noch ziemlich leer aus. Das liegt aber daran, dass erst im September die ersten professionellen Spieler aufgeschaltet werden und auch der Handel erst dann startet. Bisher stechen vor allem die Profile einiger Schweizer Ex-Fussballer wie Johan Vonlanthen, Raimondo Ponte oder Urs Schönenberger ins Auge. Ergänzt durch Peter Traber und Ruedi Elsener sollen diese der Plattform einen ersten Boost verpassen, indem sie als eine Art Demo-Account funktionieren. «Die fünf Legenden werden auf MeCarreira die fantastischen Ereignisse ihrer Karriere nochmals mit uns allen teilen. Dank NFTs kann jeder Mitbesitzer von diesen historischen Momenten werden.»
Leben auf die Plattform zu bringen wird in der Anfangsphase sicherlich kein einfaches Unterfangen. Nachwuchsfussballer ködert das Schweizer Start-up aufgrund der finanziellen Aussichten vielleicht noch schnell einmal. Doch wie sieht es mit gestandenen Stars aus? Heinz Ernst mit einem Schmunzeln: «Sobald Neymar mitmacht und Cristiano Ronaldo sieht, wie die Leute wie wild Neymar-Coins kaufen und NFTs von Neymar ersteigern, wird er sich auch registrieren. Danach ist die Lawine nicht mehr zu stoppen.»
Investitionsmöglichkeit für Fantasy-Helden?
So optimistisch Heinz Ernst in Bezug auf Neymar ist, so ambitioniert sind auch die Ziele der neuen Fussball-Börse. Bis zur WM im Dezember in Katar will man einige der teilnehmenden Akteure auf MeCarreira führen. Langfristig erhoffen sich die Betreiber, dass die gesamte Fussballwelt, also Talente, Amateure, Profis und Legenden gleichermassen die Plattform nutzen.
Der Lawinen-Effekt soll auch dadurch begünstigt werden, dass jeder Profispieler jeweils bis zu fünf talentierte Nachwuchsspieler draften und dadurch zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen kann. «Der Freiheits- und Entfaltungsgrad, wie jemand mit seiner Community interagieren will, ist auf MeCarreira maximal», verspricht Heinz Ernst.
Den Fans und Investoren wiederum sollen sich völlig neue Zugänge zu den Fussballern eröffnen. Man bekommt exklusive Einblicke in die Leben der Stars und kann bei verschiedenen Aktivitäten wie Umfragen, Abstimmungen oder Gewinnspielen teilnehmen. Vor allem kann man aber auch Geld verdienen. Erfolgreiche Fantasy-Manager können nun nicht nur ihr digitales Budget, sondern echtes Geld investieren. Ob sich das lohnt? Das hängt in erster Linie vom tatsächlichen Talent der Fussballer ab. Aber auch sicher davon, wie gut sich diese zu vermarkten wissen.