Nach dem ersten Zusammenzug des Frauen-Nationalteams ist viel Optimismus spürbar, dass Trainerin Pia Sundhage die Schweiz mit ihrer Art und ihren Ideen zu einer erfolgreichen Heim-EM führen kann.
Nein, Inka Grings ist am Dienstag kaum anwesend, als das Schweizer Nationalteam der Frauen sein zweites Testspiel in diesem Jahr gegen Polen bestreitet. Doch das Geschehen auf dem Rasen im Trainingszentrum von Marbella, das in einer 0:1-Niederlage mündet – es erinnert schon an Auftritte, welche die SFV-Auswahl im katastrophalen letzten Jahr unter der im November entlassenen deutschen Trainerin hatte.
Offensiv harm- und ideenlos zeigen sich die Schweizerinnen im zweiten Spiel unter Grings’ Nachfolgerin Pia Sundhage, und defensiv führt ein schlecht verteidigter Eckball dazu, dass die renommierte schwedische Trainerin erstmals gegen ein polnisches Team verliert. Noch am Freitag waren die Polinnen in einem ersten Testspiel klar dominiert und mit 4:1 vom Platz geschickt worden.
Viele Gespräche
Wie so oft in Testspielen ist das, was am Ende auf der Anzeigetafel steht, zweitrangig. Das galt für Sundhage sowohl nach der ersten Partie, als sie sich zwar über die Tore freute und die starken Leistungen der jungen Spielerinnen hervorhob, gleichzeitig aber bemängelte, dass sich ihr Team vorab defensiv teilweise naiv verhalten habe. Und es gilt auch nach dem zweiten Spiel, als sie trotz Niederlage konstatiert: «Wir haben viele Sachen gut gemacht, aber natürlich können wir es besser.» Etwa das Verteidigen von Eckbällen hat sie in ihren ersten gut 180 Minuten an der Seitenlinie des Nationalteams als Schwachstelle auserkoren. An dieser Problematik, welche die Schweiz schon seit einiger Zeit begleitet, möchte Sundhage mit ihren Spielerinnen nun arbeiten.
Doch neben taktischen und spielerischen Retuschen stand für die 64-Jährige in ihrem ersten Zusammenzug in Südspanien vor allem auch das Kennenlernen der Spielerinnen und des Staffs im Vordergrund. Die leidenschaftliche Sängerin begrüsste das Team mit ihrer Interpretation von «With a Little Help from My Friends» von den Beatles. Ein Song, den Sundhage nicht zufällig ausgewählt haben dürfte, nachdem im letzten Jahr doch immer wieder Spannungen im Umfeld des Nationalteams auszumachen gewesen waren.
Die Botschaft ist klar. Das Team steht im Zentrum, und nur wenn der Zusammenhalt gut ist, man sich gegenseitig hilft und seine Stärken ausspielt, kann die Schweiz nach dem letzten Jahr, das gerade einmal zwei Siege bereithielt, langfristig Erfolg haben. Kommunikation ist für Sundhage ein wichtiges Puzzleteil für ein funktionierendes Teamgefüge, entsprechend nahm sie sich in der spanischen Sonne auch Zeit dafür, mit allen 28 Spielerinnen zu sprechen, die sie in ihr erstes Aufgebot integrierte.
Vier Debütantinnen
Unter ihnen waren mit Sydney Schertenleib (17), Leela Egli (17), Lia Kamber (18) und Alena Bienz (20) auch vier Akteurinnen, die ihr Debüt im Nationalteam feiern durften. Während Schertenleib im ersten Test gegen die Polinnen auf dem Platz stehen durfte, kamen Egli, Kamber und Bienz am Dienstag zu ihren ersten Minuten im Nationaldress. «Die jungen Spielerinnen haben es wirklich gut gemacht», bilanziert Sundhage, der es ein Anliegen ist, sich ein breites Bild der Spielerinnen-Situation in der Schweiz zu machen und entsprechend auch Spielerinnen aufzubieten, für welche die Europameisterschaft 2025 im eigenen Land – das grosse Fernziel im Projekt Sundhage – vielleicht noch ein paar Jahre zu früh kommen könnte.
«Es braucht Zeit, bis sich etwas verändert», sagt die Trainerin, die von ihren Spielerinnen gern mehr Läufe in die Tiefe und weniger Pässe direkt in die Füsse sehen möchte. Sie möchte den Raum besser nutzen und das Tempo, das eben gerade junge Spielerinnen mitbringen, ins Spiel der Schweiz integrieren. «Das Beste ist, dass ich viele Spielerinnen sehen konnte», meint Sundhage. «Jetzt habe ich eine bessere Idee davon, wie unser Team aussehen könnte.»
Wältis positives Fazit
Im April steht der nächste Zusammenzug an, bei dem wieder 23 Spielerinnen dabei sein werden und die Schweiz zwei Partien der EM-Qualifikation, welche sie als Gastgeberin ausser Konkurrenz bestreitet, austragen wird. «Die Spielerinnen freuen sich auf unser nächstes Treffen», sagt Sundhage.
Das bestätigt Lia Wälti. Die Kapitänin kam am Dienstag erstmals unter der neuen Trainerin zum Einsatz und zieht ein durchwegs positives Fazit. Sundhage beziehe die Spielerinnen in ihre Entscheidungen mit ein, frage nach Meinungen, arbeite sehr ruhig und detailliert. «Das war ein sehr wichtiger Neustart für uns, auch wenn wir erst am Anfang stehen.» Und Wälti fügt an: «Ich bin sehr optimistisch, was die Zukunft mit Pia angeht.»